„Wie gehen wir mit dem zunehmenden Problem des Motorradlärms um?“ Mit dieser Frage eröffnete der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz die Diskussion. Er hatte Vertreter von betroffenen Gemeinden und Behörden eingeladen. Mit dabei war auch Tina Dörffer, eine Bürgerin aus Oberjoch, die das Thema mit vorangetrieben hat. Das Problem: Dauerbelastung durch heulende Motoren an beliebten Motorradstrecken, wie etwa dem Jochpass, dem Riedbergpass, der Ortsdurchfahrt Balderschwang und der Strecke von Waltenhofen nach Buchenberg.
(Manche Motorradfahrer stehen dermaßen auf die Allgäuer Strecken, dass sie sogar selbst produzierte Videos auf Youtube hochladen. Hier siehst Du ein Beispiel:)
Im Gespräch sind nun etwa Teilsperrungen und Tempolimits. „Wir wissen, Motorradfahren macht Spaß und wir haben nichts gegen Motorradfahrer grundsätzlich“, betonte Klotz. Was allerdings immer mehr zunimmt und zugleich Anwohner, den Tourismus und andere Verkehrsteilnehmer belastet, seien „die Rowdys auf zwei Rädern“. Zwar eine Minderheit, aber eine zunehmend belastende. Das bestätigte Jürgen Maurus von der Polizeiinspektion Sonthofen. Ein Trend: Gruppen von Motorradfahrern aus der Region treffen sich. Sie schicken einen Späher vor, der meldet der Gruppe, dass der Pass frei ist. Dann drehen die anderen ihre Motoren auf und rasen den Berg hinauf. Der Späher warnt, wenn ein Streifenwagen in Sicht ist. „Wir müssen schauen, wie wir das Phänomen in den Griff kriegen.“
Nur wie? Eine endgültige Antwort auf diese Frage gab es bei der Diskussion im Landratsamt nicht. Allerdings einige Lösungsansätze:

Sperrungen Nicht unumstritten, aber mehrfach gefallen: eine zeitlich begrenzte Sperrung besonders betroffener Strecken. „Die Belastung für Menschen und Umwelt ist so hoch, es müssen einschneidende Maßnahmen her“, brachte etwa Adalbert Martin, Bürgermeister von Bad Hindelang, die Überlegung vor, am Jochpass ein Wochenendfahrverbot zu verhängen, um der Masse an Motorradfahrern Herr zu werden. Ebenso kamen zeitliche Sperrungen von 18 bis 6 Uhr zur Sprache. Leonard Koch von der Straßenmeisterei Sonthofen gab zu bedenken, dass es 20 bis 25 Prozent der Motorradfahrer seien, „die sich nicht im Griff haben“. Mit einer Sperrung würden aber auch die bestraft, die korrekt fahren.
Tempolimits Ein weiteres Thema: Geschwindigkeitsbegrenzungen. „Darüber könnte man nachdenken“, sagte Thomas Hanrieder vom Staatlichen Bauamt Kempten.
Bauliche Maßnahmen Von baulichen Maßnahmen nach dem Vorbild Kesselberg – ein Pass, der Kochel- und Walchensee verbindet – hingegen riet er ab. Auf der unfallträchtigen Strecke sind etwa Rüttelplatten und Fahrbahnteiler angebracht. Dort sei die Fahrbahn deutlich breiter als zum Beispiel am Jochpass, sagte Hanrieder. Ein durchgehender Fahrbahnteiler sei hier allein wegen des Winterdienstes nicht möglich, weil die Räumfahrzeuge nicht mehr durchkommen würden. Auch könnten Autos dann kaum mehr an Radlern vorbeikommen. Rüttelstreifen seien gerade für ungeübtere Motorradfahrer in Kurven gefährlich. „Ich sehe das sehr kritisch, das kann eine Verkehrsgefährdung sein.“ Dörffer wies auf Motorradlärm-Displays hin, die auf zu lautes Fahren aufmerksam machen.
Gemeinsames Projekt
„Lärmfreier Lebens- und Erholungsraum Bayern-Tirol“ lautet der Titel eines geplanten Projekts über die Landesgrenze hinweg.
Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Kleinprojekt mit einem Budget von bis zu 25 000 Euro.
Angedacht sind „bewusstseinsbildende Maßnahmen“, wie Hinweistafeln.
Weiter sollen gemeinsam Erfahrungen gesammelt werden. Die Ergebnisse werden an den Gesetzgeber weitergeleitet. „Wir erwarten uns Hilfestellungen für weitere Entscheidungen“, sagt Landrat Anton Klotz.
Kontrollen Einig war sich die Runde, dass verstärkte Kontrollen nötig sind. Weil die Polizei dabei personell an ihre Grenze kommt, übernimmt das mancherorts die Verkehrsüberwachung der Stadt Sonthofen. Hans Soul, der dafür zuständig ist, stellte ein Messgerät mit Heck-Blitzer vor.
Das kostet 75 000 Euro. Klotz signalisierte die Bereitschaft, dies gemeinsam anzuschaffen. Allerdings, so hieß es mehrfach: Im Gegensatz zur Schweiz etwa seien die Bußgelder in Deutschland zu gering, um die Rowdys auf zwei Rädern abzuschrecken. „Vielleicht ist es eine Möglichkeit, darauf im Interreg-Projekt einzugehen“, sagte Manfred Berktold, beim Landratsamt für Verkehr zuständig.
Bei diesem wollen die Beteiligten über die Grenzen hinweg Lösungen finden: gegen den Motorradlärm, für die Anwohner und für den (Motorrad-)Tourismus.