Stephanie Herrmann, Amtschefin der Erzdiözese München und Freising, hält das Gutachten zu Fällen von sexuellem Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising in den Händen, nachdem es von der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl vorgestellt und übergeben wurde.
Bild: Sven Hoppe, dpa
Stephanie Herrmann, Amtschefin der Erzdiözese München und Freising, hält das Gutachten zu Fällen von sexuellem Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising in den Händen, nachdem es von der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl vorgestellt und übergeben wurde.
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Nach der Veröffentlichung des Gutachtens zu Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising hat der Experte Pater Hans Zollner ein Zeichen von Joseph Ratzinger gefordert. "Jetzt muss etwas vom emeritierten Papst Benedikt XVI. kommen. Er muss noch mal darauf reagieren", sagte der Missbrauchsexperte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag in Rom. Zollner ist Mitglied der 2014 eingerichteten Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen und fungiert damit als externer Berater für den Vatikan.
Am Donnerstag stellte die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) ihr lange erwartetes Gutachten zu Fällen von sexuellem Missbrauch in München vor. "Die Zahlen sind furchtbar, aber leider nicht überraschend", erklärte Zollner. Die Gutachter werfen unter anderem Benedikt XVI. Fehlverhalten in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising vor. Diejenigen, die missbraucht wurden, bräuchten nun Gerechtigkeit und Zuwendung, forderte Zollner. "Für eine wirkliche Aufarbeitung sind die menschliche, psychische und spirituelle Seite wichtig. Nur dann begreift man, was mit den Opfern passiert ist." Es sei erschreckend, dass das nicht von der Kirche gesehen wurde, kritisierte der deutsche Jesuit.
Auch die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hofft auf weitere Untersuchungen in Deutschland. Sie forderte, "dass alle deutschen Bistümer unverzüglich und möglichst nach gleichem Standard Missbrauchsgutachten vorlegen, die Täter und Vertuschungsstrukturen offenlegen", hieß es in einer Mitteilung von "Wir sind Kirche" am Donnerstag.
Zuvor war in München ein Bericht vorgelegt worden, in dem von mindestens 497 Kindern und Jugendlichen als Opfern sexueller Gewalt von 1945 bis 2019 die Rede ist. Laut der Studie gibt es mindestens 235 mutmaßliche Täter, darunter 173 Priester und 9 Diakone.
"Wir sind Kirche" berichtete von einem "toxischen Muster" aus Vertuschung durch Leugnen, Versetzen und Wegschauen und erkannte eine "immer zwielichtiger werdende Rolle des damaligen Münchner Erzbischofs Joseph Ratzinger".
Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wird in dem Bericht ein Fehlverhalten im Umgang mit vier Fällen sexuellen Missbrauchs aus seiner Zeit als Erzbischof vorgeworfen. Die Reformbewegung forderte den 94-Jährigen auf, sich der Verantwortung zu stellen. "Sein persönliches Schuldeingeständnis für sein damaliges Handeln beziehungsweise Nicht-Handeln wäre ein dringend notwendiger Akt und gleichzeitig ein großes Vorbild für andere Bischöfe und Verantwortungsträger weltweit", hieß es.