Die Rolle ist ebenso großartig wie undankbar: Fastenprediger beim Starkbieranstich am Münchner Nockherberg – vor dem Publikum im Saal, aber auch vor Millionen am Fernseher. Er darf beziehungsweise muss den Politikerinnen und Politikern aller Couleur die Meinung geigen. Die wiederum sitzen mehr oder weniger amüsiert in den ersten Tischreihen und versuchen, die Contenance zu bewahren. Am Ende urteilen alle über den Prediger. Das ist oft nicht vergnügungssteuerpflichtig.
Völlig unumstritten waren die wenigsten, obwohl große Namen darunter waren: Walter Sedlmayr, Bruno Jonas oder Luise Kinseher. Alle haben die Rolle auf sich persönlich zugeschnitten. Der Sedlmayr ein bisserl verdruckt-bissig, der Jonas eher lässig-bissig, und Kinseher hatte als Mama Bavaria auch etwas Verbindliches. Die Krux ist: Man darf nicht zu nett und zahnlos sein, aber auch nicht zu hart wirken, eine Art Spaßbürokrat ginge also gar nicht. Der Fastenredner muss bayerisch sein, vielleicht ein bisserl anarchisch mit Nonchalance – und immer der Maxime folgen: leben und leben lassen.
Der Allgäuer Maxi Schafroth wurde von der Paulaner-Brauerei etwas stillos abserviert
Nachdem der Allgäuer Kabarettist Maxi Schafroth nach seiner letzten, vielleicht ein wenig zu angestrengt-kämpferisch geratenen Rede von der veranstaltenden Paulaner-Brauerei auf Druck von wem auch immer etwas stillos abserviert wurde, kommt nun Stephan Zinner. Der Mann weiß, was da auf ihn wartet. „Natürlich kann man bei der Aktion auch mächtig auf die Schnauze fallen“, ahnt er.

Zinner, gebürtig in Trostberg im Landkreis Traunstein, ist Vollprofi und kennt die Veranstaltung aus dem Effeff. Als Double von Markus Söder stand er fast 15 Jahre lang auf der Singspiel-Bühne, davor hatte er schon andere Rollen. Zinner kann Kabarett, ist Musiker und Schauspieler und: Als Oberbayer in München wird er als Fastenredner vielleicht authentischer als der Allgäuer Schafroth rüberkommen.
Bekannt ist der 51-Jährige in jedem Fall. Vor allem in Krimi-Serien war er zu sehen – von den „Rosenheim-Cops“ bis zu „München Mord“ und diversen „Tatort“-Folgen. Seit 2021 ermittelt Zinner mit Johanna Wokalek beim Münchner „Polizeiruf 110“. Aber auch in Kinofilmen hat er schon geglänzt, beispielsweise in den Rosenmüller-Filmen „Beste Zeit“, „Räuber Kneissl“ und „Die Perlmutterfarbe“. Richtig populär wurde er als Metzger Simmerl in den Eberhofer-Krimis.
Stephan Zinner ist in der Lage, aus dem Stand eine Pointe abzufeuern
Vom Double zum Derblecker, das ist aber noch einmal eine andere Karriere. Unterstützt wird Stephan Zinner übrigens beim Redenschreiben, wie bereits einige seiner Vorgänger, von Co-Autor Thomas Lienenlüke. „Ich mach das zusammen mit dem Thomas, denn allein kann ich es nicht“, scherzt er und scheint sich trotz der hohen Erwartungen auf die neue Herausforderung zu freuen.

Der verheiratete Vater ist übrigens mit der Titelrolle in der an den Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler angelehnten BR-Erfolgsserie „Himmel, Herrgott, Sakrament“ auch mit dem Darstellen von Geistlichen vertraut. Wer ihn am Set erlebt, spürt, dass er auch in der Lage ist, einen pointierten Fastenredner zu spielen. Er strahlt Gelassenheit aus, wirkt cool, aber trotzdem bodenständig, und ist auch in der Lage, aus dem Stand eine Pointe abzufeuern.
Privat ist Stephan Zinner verheiratet und Vater dreier Kinder. Er lebt in München. Zu seinen Lieblingsfilmen gehört der Klassiker „Indiana Jones“, und seine Lieblingsband sind „The Black Keys“ . Und er mag Kurzgeschichten von Scott Fitzgerald. Das alles wird ihm beim nächsten Politiker-Derblecken nicht helfen. Zinner hat aber die Reife, das schauspielerische Talent und den Witz, die Rolle des Fastenpredigers auszufüllen. Der Zinner, ja, der kann's.
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