Der heilige Leonhard gilt als Schutzpatron der Pferde. An vielen Orten, beispielsweise in Bad Hindelang und in Börwang, waren am vergangenen Sonntag Leonhardiritte angesetzt: Reiter und Kutscher sind dann unterwegs, um für sich und die Vierbeiner Gottes Schutz zu erbitten. Es ist ein alter Brauch, und er lebt in der Region fort. Das liegt sicherlich am Traditionsbewusstsein der Oberallgäuer, aber auch daran, dass es viele Pferde im Oberallgäu gibt - weit über 2.000.

Wie so oft, ist die "Dunkelziffer" hoch. Das liegt daran, dass nicht alle Pferdehalter beim Amt für Landwirtschaft in Kempten gemeldet sind. Pressesprecher Rainer Hoffmann sagt: "569 Landwirte haben offiziell 1.128 Ponys gemeldet und 1.183 Pferde." Aber natürlich gebe es noch mehr Rösser, die von Privatpersonen untergebracht sind. Wie viel mehr das sind, wagt Hoffmann kaum zu schätzen. Vielleicht ein Viertel? Das sind dann Pferdehalter, die keine staatlichen Zuschüsse bekommen, nicht als Landwirte gemeldet sind und "oft keine Weidepflege betreiben, zu viele Pferde auf eine kleine Fläche stellen und auch zu viel düngen", merkt sein Kollege Wolfgang Natterer kritisch an.
Großer Andrang in den Reitställen
Der Island-Pferdehof in Agathazell zählt nicht dazu. Der Besitzer hat schon vor vielen Jahren die Milchwirtschaft aufgegeben und den Hof umgebaut, kümmert sich aber um die Weiden am Hof, schaut, dass nicht zu viel Unkraut wächst und kein giftiges Jakobskreuzkraut. Obwohl er selbst keine Kühe mehr hat, ist er noch als aktiver Landwirt gemeldet. Seinen Anwesen hat er schon vor vielen Jahren zum Pferdehof umgebaut - und verpachtet.
Manuela Schmider und Beate Laudemann betreiben den Island-Pferdehof dort seit elf Jahren. Mit im Team ist auch Schmiders Tochter Christiane. Sie ist gelernte Pferdewirtin und hat eine Trainerlizenz, unter anderem fürs Westernreiten. In der Familie gab es schon immer Pferde, "früher auch beim Opa in Hindelang, der hatte Kaltblüter für die Waldarbeit", sagt die 23-Jährige. Sie findet den Umgang mit Pferden faszinierend, unterrichtet auch Kinder, beispielsweise Mia aus Burgberg.
Ein Pferd zu kaufen, das sollte man sich allerdings vorher gut überlegen.Beate Laudemann
Sie ist zum ersten Mal oben in der Reithalle im ersten Stock. Der Boden ist mit Sand aufgeschüttet. Nach oben führt eine lange Rampe. Mia sitzt auf dem Islandpony Jödis. Ein braves Pferd. Christiane Schmider führt Jödis an einer langen Leine, gibt Mia Anweisungen, damit sie lernt, wie der Reiter das Tier sanft lenkt. "Ja", ruft Mia nach ihrer ersten Reitstunde auf die Frage, ob sie wiederkommen möchte. Vater Stefan Schulz sagt, es sei gar nicht so einfach gewesen, eine Reitstunde in der Nähe zu ergattern.
Der Andrang scheint groß zu sein, auch in anderen Reitställen, beispielsweise in Untermaiselstein. Dort am Rietzler-Hof sind viele Pferde untergebracht, sogenannte "Pensionspferde". Es gibt auch einen Reitplatz. Wer will, kann dort Urlaub machen in einer Ferienwohnung und sein Pferd gleich mitbringen.
Hippotherapie am Alpsee

Am Risthof am Alpsee gibt es seit Jahren "Hippotherapie", therapeutisches Reiten und Voltigieren. Pferde sind also in vielerlei Hinsicht ein Thema in der Region. "Ein Pferd zu kaufen, das sollte man sich allerdings vorher gut überlegen", sagt Beate Laudemann. Nicht nur die Anschaffung schlage zu Buche, sondern vor allem der Unterhalt, die Tierarztkosten und der Hufschmied. 150 bis 500 Euro kostet eine Box in einem Stall ungefähr im Monat. Einen eigenen Stall bauen und das Tier separat halten, kann sie nicht empfehlen. "Pferde sind Herdentiere, die wollen nicht alleine sein."
Bei Christoph Brutscher in Bad Hindelang stehen drei Haflinger im Stall: Kordana, Kalinka und Kasandra. Er bietet Kutschfahrten. "Das möchte ich intensivieren", sagt der 66-Jährige. Sein Leben als Alphirte gibt er auf. Nach 49 Jahren. 42 Jahre war er auf der Zipfelsalpe. Er hat gesundheitliche Probleme, muss sich mehr schonen. Die Arbeit mit den Tieren ist ihm eine Herzensangelegenheit. Er legt Wert darauf, dass die Haflinger mit ihren langen blonden Mähnen immer picobello aussehen. "Einmal in der Woche werden sie shampooniert und mit warmem Wasser abgespült", sagt Brutscher.
Seine Blondmähnen ziehen beim Umzug am Weihnachtsmarkt in Bad Hindelang auch immer den Wagen mit dem Christkind. "Ich bin dann jedes Mal heilfroh, wenn nichts passiert ist." Die Tiere könnten leicht erschrecken. Aber auf seine drei Mädels könne er sich verlassen. "Die sind charakterstark. Das ist Gold wert." Auch, wenn es mal wieder zum Leonhardiritt geht.