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Motorradlärm im Allgäu: Krasse Zahlen vom Jochpass - mit Folgen!

Tempolimit kommt

Motorradlärm im Allgäu: Krasse Zahlen vom Jochpass - mit Folgen!

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    Bald ist es wieder so weit: Mit dem Frühjahr machen auch die Biker im Allgäu wieder mobil.
    Bald ist es wieder so weit: Mit dem Frühjahr machen auch die Biker im Allgäu wieder mobil. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Von Lärm-Terror durch Motorräder sprechen geplagte Anwohner, während die Fahrer den Klang ihrer Maschinen genießen. Das Thema polarisiert. Dabei hält sich nur ein kleiner Teil nicht an die Regeln. Sonthofens Polizeichef Armin Hölzler schätzt, dass etwa fünf Prozent schwarze Schafe die ganze Gruppe der Motorradfahrer in schlechtes Licht rücken. Probleme gibt es etwa am Jochpass zwischen Bad Hindelang und Wertach, über den viele bei Ausfahrten ihre Runde drehen. Mancher düst die Straße sogar mehrfach rauf und runter, hat Hölzler beobachtet.

    Elf Motorrad-Unfälle mit zwölf Verletzten gab es allein am Jochpass 2018. In den drei Jahren davor ereigneten sich insgesamt 32 weitere Unfälle mit ebenso vielen Verletzten und einem Toten. Dort und auch an anderen Strecken setzt die Polizei auf intensive Kontrollen von Motorrädern. Zu den Zielen zählen: Unfallzahlen senken, Sicherheit verbessern und Lärm reduzieren.

    > Insgesamt 216 Unfälle mit Motorrädern, Mopeds und Mofas gab es im Vorjahr in Kempten und dem Oberallgäu. Das sind drei weniger als im Jahr 2017. Dabei wurden 211 Menschen verletzt (2017: 190). Die Zahl der Toten sank von sieben auf drei.

    > Im Juni 2018 nahm die neu gegründete „ Kontrollgruppe Motorrad “ des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West ihre Arbeit auf. Es handelt sich dabei um eine dienststellen-übergreifende Einheit. Sie kontrollierte laut Rainer Lutz vom Polizeipräsidium von Juni bis Oktober etwa 2500 Motorräder auf Verstöße.

    > Bei festgestellten Delikten handelte es sich vielfach um technische Veränderungen (wie unzulässige Auspuffanlagen). Zu den weiteren Mängeln zählen abgefahrene Reifen, die die Polizei vor allem zum Saisonende findet. Dazu kommen Fahrer, die zu schnell unterwegs sind oder ein Überholverbot missachten. In 24 Fällen stellten die Fahnder sogar sicherheitsrelevante Mängel fest. Da wurde Motorradfahrern die Weiterfahrt untersagt.

    Anzeigen für 215 Motorradfahrer

    Bei Kontrollen geht es deshalb nicht nur um Tempoverstöße. Vielmehr sind auch motorrad-kundige Polizeibeamte im Einsatz, die die Technik unter die Lupe nehmen, teils mit Spezialisten von TÜV oder Dekra. Dabei werden immer wieder Umbauten entdeckt, durch die Krafträder ihre Betriebserlaubnis verlieren. Weiter schaut die Polizei auf Überholverbote: Am Jochpass gab es allein deshalb im Vorjahr für 215 Motorradfahrer eine Anzeige.

    Messungen zeigen: 2.200 Motorräder an einem schönen Wochenende

    Wie schwer die Last mit dem Dauerlärm für Anwohner ist, die an schönen Tagen auch mal draußen sitzen wollen, zeigen Messungen: An Wochenenden sind am Joch 2.200 und mehr Motorräder unterwegs. Spitzentag war im Vorjahr der 29. Juli, ein Sonntag mit 1.357 Motorrädern. Manche mit dem Lärmpegel eines Presslufthammers. Zugleich hielten sich viele nicht an die Höchstgeschwindigkeit (noch Tempo 100). Das schnellste auf dem Pass gemessene Motorrad fuhr im Vorjahr mit Tempo 137.

    Jetzt handelt das Amt

    Am Jochpass ändert sich die Situation heuer grundlegend: Auf der gesamten Strecke zwischen Oberjoch und Bad Hindelang gilt in Kürze ganzjährig Tempo 60. Die Anordnung habe die Verkehrsbehörde bereits erlassen, sagt Sachgebietsleiter Felix Fleischhauer vom Landratsamt. Sobald es im Frühjahr passt, werden die Schilder montiert. Die Haarnadelkurven erhalten zusätzlich eine durchgezogene Linie. Das Tempolimit wurde erlassen, weil es auf der Straße immer wieder zu Unfällen kommt. Dass das nun auch den Lärm etwas senken dürfte, ist sozusagen ein Nebeneffekt.+

    Sieh hier unser Video von der Problematik am Riedbergpass:

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    Ein Problem bleibt: Motorräder haben je nach Hersteller ganz unterschiedliche Lärmwerte: Es gebe Motoren, die nur 80 Dezibel haben dürften, aber auch welche mit bis zu 104, erklärt Hölzler. Das ist dann schon kurz vor dem Lärmpegel militärischer Tiefflüge. „Aber die Fahrer wollen den Sound.“ Hölzler findet es paradox, dass es vom Kraftfahrtbundesamt auch Genehmigungen für extra laute Krafträder gibt. Dazu kommt dann womöglich noch ein Klappenauspuff, der es auf Knopfdruck extra laut macht. Teilweise gibt es die Dinger mit Genehmigung, teils sind sie illegal. Laut Hölzler ist sogar eine kleine Zahl von Autofahrern ohne Erlaubnis mit Klappenauspuff unterwegs.

    Hölzler verweist auf Untersuchungen in Österreich, wonach etwa jedes fünfte Motorrad lauter ist als genehmigt, weil Fahrer dafür den Auspuff manipuliert haben. „Relativ oft“ verbiegen laut Hölzler Fahrer auch ihr Kennzeichen oder beschmieren es mit Dreck, um möglichst unbehelligt durch Radarkontrollen zu rasen.

    Dabei kommen Kradfahrer hierzulande eh oft ungeschoren davon. Werden sie von vorn geblitzt, gehen sie unerkannt durch die Lappen, weil sie nur hinten ein Kennzeichen haben. Werden sie von hinten geblitzt, lässt sich schwer beweisen, wer gefahren ist. Wen ziehe man dann zur Rechenschaft, gibt Hölzler mit Blick auf die in Deutschland geltende Fahrerhaftung zu bedenken. In Ländern wie etwa Österreich lässt es sich anders durchgreifen: Dort haftet der Halter und muss dann eben im Zweifelsfall zahlen.

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