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Was der Klimawandel fürs Allgäu bedeutet

Auf den Punkt gebracht

Was der Klimawandel fürs Allgäu bedeutet

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    Schneemangel in den Allgäuer Alpen: An diese Bilder müssen wir uns laut Autor und Biologe Michael Schneider gewöhnen
    Schneemangel in den Allgäuer Alpen: An diese Bilder müssen wir uns laut Autor und Biologe Michael Schneider gewöhnen Foto: Matthias Becker

    Der Kuckuck kommt zu spät, um seine Eier in fremde Nester zu legen. Die Stare kommen schon im Januar ins Allgäu zurück. Die Siebenschläfer wachen einen Monat früher auf und finden in der normalerweise verlassenen Baumhöhle die frisch geschlüpfte Meisen- oder Kleiberbrut vor. Ganze Nahrungsketten geraten durch die zunehmende Klimaerwärmung durcheinander. Welche Folgen die globale Erwärmung speziell für die Allgäuer Natur hat, schilderte der Biologe und Buchautor Dr. Michael Schneider aus Wertach im Martinszeller Bahnhof - ein Teil der Veranstaltungsreihe "Am Zug der Zeit" der Interessengemeinschaft Oberdorf-Martinszell (IG Oma) im ehemaligen Bahnhofsgebäude.

    Michael Schneider, Biologe und Buchautor aus Wertach, zeichnete bei seinem Vortrag ein klares Bild von den Folgen der globalen Erwärmung für das Allgäu.
    Michael Schneider, Biologe und Buchautor aus Wertach, zeichnete bei seinem Vortrag ein klares Bild von den Folgen der globalen Erwärmung für das Allgäu. Foto: Schneider/privat

    Schneider blickte zurück: "Der Dezember 2017 war im Allgäu um etwa 1,5 Grad milder als im langjährigen Klimamittel. Der Januar brachte einen Wärmeüberschuss von mehr als vier Grad." Diese Werte würden noch getoppt vom April 2018: "Der war der wärmste in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen." Bis Mitte des Jahrhunderts hätten wir mit einer weiteren Erwärmung von ein bis zwei Grad zu rechnen: "Die Kurve wird immer steiler." Die Gletscher hätten bereits in den vergangen 50 Jahren durchschnittlich 14 Meter an Mächtigkeit eingebüßt.

    Stürme, Hagel, Überschwemmungen

    Die zu erwartenden Folgen des Klimawandels sind inzwischen hinlänglich bekannt, doch Schneider zeigte sie in seinem Vortrag noch einmal kompakt auf. "Der Meeresspiegel steigt weiter, die Meere versauern, die Wetterextreme nehmen zu." Das bekämen auch die Allgäuer deutlich zu spüren: Schwere Stürme und Gewitterfronten, Hagelschlag, ausgeprägte Trockenzeiten oder Regenperioden mit massiven Überschwemmungen und enorme Temperatursprünge schienen Normalität zu werden.

    Und für das sensible Ökosystem Alpen habe die globale Klimaerwärmung entscheidende Folgen, erläuterte Schneider: In den Alpen stiegen die Temperaturen doppelt so schnell wie im weltweiten Vergleich. Hochwasser aus Wildbächen, Murenabgänge, Hangbewegungen, Steinschlag und Lawinen-Abgänge seien die Folgen. Den alpinen Schutzwäldern bereiteten vor allem die immer ungleichmäßiger werdenden Niederschläge und Hitzeperioden Stress. Die Waldgrenze, die derzeit in den Allgäuer Alpen bei 1.800 Metern liege, werde ansteigen prognostizierte Schneider.

    Nur sechs der 57 Allgäuer Skigebiete gelten aktuell als schneesicher, die Schneesicherheit von derzeit 1.200 Metern Höhe wird von 2030 bis 2050 auf 1.800 Meter steigen.Biologie Dr. Michael Schneider

    Die Temperaturerwärmung habe auch massive Auswirkungen auf die Tierwelt. Etwa zeige das Murmeltier die Tendenz, in höhere Lagen abzuwandern. Dort finde es aber eine zu geringe Humusschicht, um seine Höhlen tief genug zu bauen. Und auch im Tal wirkt sich die Klimaerwärmung aus. "Die Verbreitungsgebiete verschieben sich. Wärmeliebende, nichtheimische Tiere werden gesichtet, wie der Bienenfresser, die Gottesanbeterin oder die Tigermücke, kälteliebende Arten gehen zurück", sagt Schneider.

    Die Abfolge von Paarungszeit und Eiablage verändere sich. "Das Ganze hat negative Folgen auf Nahrungsketten." Vogeleltern auf der Suche nach Futter für ihre Brut schauen in die Röhre, da die Entwicklung von Insekten und Vögeln zusehends asynchron laufe. Oder Pflanzen blühen früher und fallen späten Frösten zum Opfer. Und: "Nur sechs der 57 Allgäuer Skigebiete gelten aktuell als schneesicher, die Schneesicherheit von derzeit 1.200 Metern Höhe wird von 2030 bis 2050 auf 1.800 Meter steigen", gab er hinsichtlich des Skitourismus zu bedenken.

    Die von den Zuhörern gespendeten 272 Euro erhöhte der Biologe selbst, so dass je Euro 300 an Bund Naturschutz und LBV zur Unterstützung der Normenkontrollklage gegen Bayern und für das Riedberger Horn gespendet wurden.

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