Die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Andrea Ablasser wird heute in der Frankfurter Paulskirche mit dem renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis ausgezeichnet. Die in Buchloe aufgewachsene Forscherin ist die Tochter von Dr. Ambros Ablasser, der viele Jahre als internistischer Chefarzt am Krankenhaus St. Josef in Buchloe tätig war. Inzwischen lebt und forscht die 41-jährige Mutter zweier Kinder in Lausanne in der Schweiz.
Schon in jungen Jahren führten Sie ein rasantes Leben: Sie waren eine sehr gute Skifahrerin, wechselten deshalb mit 13 Jahren vom Türkheimer Joseph-Bernhart-Gymnasium ans Gymnasium in Schwangau, übersprangen eine Klasse. Welchen Berufswunsch hatten Sie denn als Kind?
ANDREA ABLASSER: Das stand eigentlich nie so genau fest. Mich interessierten immer schon Naturwissenschaften und die Medizin. Ich wollte verstehen, wie Krankheiten funktionieren, wie sie entstehen.
Wie verlief Ihr weiterer beruflicher Werdegang nach dem Abitur?
ABLASSER: An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München studierte ich ab 2001 Medizin und verbrachte einen Teil meines Studiums auch in Spanien, Oxford und Harvard. Parallel zum Studium promovierte ich 2010 an der Abteilung für Klinische Pharmakologie an der LMU. Danach ging ich an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität nach Bonn und wechselte dann 2014 nach Lausanne in die Schweiz. Dort war ich zunächst Assistenzprofessorin und bin seit 2021 Professorin für Lebenswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL).
Wie sieht dort Ihr Arbeitsalltag aus?
ABLASSER: Ich leite eine Arbeitsgruppe mit ungefähr 20 Mitarbeitern, die alle in der Forschung tätig sind. Daneben unterrichte ich an der Uni und war zudem an einem Biotech-Unternehmen beteiligt. Forschung, Lehre und Innovation, das sind die drei Schwerpunkte meiner Arbeit.
Ihre Forschung wird jetzt mit dem Paul Ehrlich- und dem Ludwig-Darmstaedter-Preis ausgezeichnet.
ABLASSER: Ja, das ist eine sehr große Anerkennung, über die ich mich wirklich freue. Der Preis ist international sehr renommiert und es ist die höchste Auszeichnung, die ich bis jetzt erhalten habe. Ich möchte betonen, dass ich den Preis nicht allein bekomme, sondern zusammen mit dem Virologen Glen Barber und der Biochemiker Zhijian Chen.
Was genau haben Sie erforscht?
ABLASSER: Es ist uns gelungen aufzuschlüsseln, wie das Immunsystem DNA als Gefahrensignal erkennt. Es handelt sich dabei um einen Mechanismus, der anschlägt, wenn DNA bei Infektionen, Krebs oder zellulärem Stress in das Plasma einer Zelle eindringt. Dieser Mechanismus führt zur Aktivierung des Immunsystems. Arzneimittel, die in diesen Signalweg eingreifen, befinden sich in der weiteren Entwicklung. Mithilfe unserer Entdeckung konnten wir der Medizin die Möglichkeit erschließen, Infektionen, Krebs und entzündliche Erkrankungen effektiver als bisher zu behandeln.
So ein Erfolg kommt nicht von ungefähr. Wie viele Stunden hat Ihr Arbeitsalltag durchschnittlich?
ABLASSER: Es ist tatsächlich so, dass ich viel arbeite. Bevor ich Kinder hatte, noch viel mehr. Jetzt gehören aber auch die üblichen Termine wie zum Beispiel ein Besuch beim Kinderarzt zu unserem Alltag.
Wie bringen Sie als zweifache Mutter Ihren Beruf und Ihre Familie unter einen Hut?
ABLASSER: Das alles erfordert viel Organisation, denn es ist wichtig, dass die Kinder gut versorgt sind. Dies gilt vor allem auch dann, wenn ich an anderen Universitäten etwa in den USA oder Asien zu Gastvorträgen oder Konferenzen eingeladen bin. Ich habe zum Glück einen sehr unterstützenden Mann, der ebenfalls in der Forschung arbeitet, eine Haushaltshilfe und vor allem meine Mutter, die immer wieder kommt und uns hilft. Ohne sie würde es nicht gehen. Ich habe zwar einen sehr vollen Arbeitstag, bin aber gleichzeitig sehr flexibel, was die Arbeitszeiten angeht. So kann ich beispielsweise auch ab und zu nachts arbeiten, wenn unser Jüngster schläft.
Bleibt bei alledem noch Zeit für Hobbys?
ABLASSER: Schon. Wir gehen gerne zusammen in die Berge, Ski- oder Rennradfahren. Generell sind wir sehr gerne in der Natur unterwegs.
Wann werden wir wieder von Ihnen hören? Was ist Ihr nächstes Ziel?
ABLASSER: Ich habe glücklicherweise einen Beruf, der sehr erfüllend sein kann, in dem ich viele Dinge selbstbestimmt entscheiden kann. Ich bin wirklich stolz darauf, dass wir es geschafft haben, neue Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten zu entwickeln. Die Arbeit in der Forschung wird jedenfalls nicht aufhören. Es gibt da noch so viele Möglichkeiten.
Zur Person: Andrea Ablasser
- geboren am 13. Juli 1983 in Bad Friedrichshall
- aufgewachsen in Buchloe
- Abitur in Schwangau
- Studium und Promotion an der LMU München
- 2014 Nachwuchspreis des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preises
- 2021 Deutscher Krebspreis
- seit 2021: Professorin für Lebenswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL)
- seit 2022 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina
- 2025 erhält sie den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis
- verheiratet, Mutter von zwei Kindern
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