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Bayerische Bauordnung: Änderungen stoßen bei Städten und Gemeinden nicht auf Gegenliebe

Ein Blick in die Praxis

„Der große Wurf ist es nicht“: Das sagen Ostallgäuer Kommunen zur neuen bayerischen Bauordnung

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    Kommunen müssen künftig eigene Stellplatzsatzungen erlassen.
    Kommunen müssen künftig eigene Stellplatzsatzungen erlassen. Foto: Allgaeuer Zeitung (Archivfoto)

    Einfacher und moderner sollte das bayerische Baurecht mit einer Novelle werden, die zum 1. Januar 2025 in Kraft trat. Zu den Neuerungen gehört zum Beispiel, dass für Dachgauben und den Ausbau von Dachgeschossen keine Bauanträge mehr nötig sind. Es gibt keine vom Freistaat vorgegebene generelle Stellplatzpflicht mehr und Bauanträge laufen nun über das Landratsamt. Doch bringt das in der Praxis wirklich eine Erleichterung für die Kommunalverwaltungen?

    „Natürlich ist jeder Antrag, der nicht zu bearbeiten ist, eine Erleichterung. Die vermeintliche Zeitersparnis relativiert sich aber durch den zusätzlichen Beratungsaufwand“, sagt Armin Angeringer, Bauamtsleiter bei der Stadt Füssen, zu der Neuregelung für Dachgeschosse und Gauben. Denn die Behörden erhalten zwar keine Bauanträge mehr. Die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Pläne aber schriftlich per Brief oder E-Mail bekannt geben. Die Verwaltung steht beratend zur Seite. „Erfahrungsgemäß hält der zusätzliche Aufwand länger oder sogar dauerhaft an, sodass eine Zeitersparnis nur geringfügig ist“, sagt Angeringer.

    Ausbau von Dachgeschossen liegt im Trend

    In Nesselwang gibt es laut Bürgermeister Pirmin Joas - wie unter anderem auch in Füssen und Schwangau - aufgrund der Novelle bislang keinen nennenswerten Anstieg beim Wunsch nach Dachgauben oder Dachgeschossausbauten. Joas sieht aber einen allgemeinen Trend dahin, mehr Wohnraum zu nutzen. In der Folge würden schon seit einer Weile häufiger Dachgeschosse ausgebaut.

    Angeringer sieht eine „nachteilige Auswirkung auf das Ortsbild“ durch die Neuregelung. Bisher sei es üblich gewesen, dass bei gestalterisch unbefriedigenden Lösungen eine Beratung stattfand, um die Optik zu verbessern. „Diese findet so nicht mehr statt, wenn kein Plan mehr einzureichen ist, sondern nur noch eine textliche Meldung stattfindet“, sagt der Füssener Bauamtsleiter.

    Bei der Stellplatzpflicht konnten sich die Kommunen bisher an der bayerischen Stellplatzordnung orientieren oder selbst eine erlassen. In Füssen passierte das bereits 2008. „Dabei wird es bleiben, zumal sie sich bewährt hat, auch wenn nun eine Neufassung erforderlich ist“, sagt Angeringer. Diese wurde mittlerweile beschlossen. Auch in Schwangau gibt es eine Stellplatzsatzung, die laut Klaus Lang vom dortigen Bauamt aber aufgrund geänderter Richtzahlen neu erlassen werden muss.

    Warum die geänderte Stellplatzverordnung ein Problem werden kann

    Nesselwang muss erst eine Satzung erarbeiten. Mit der bayerischen Vorgabe sei es bislang gut gelaufen, sagt Joas: „Etwas Neues hätte es nicht gebraucht.“ Zumal die neuen staatlichen Vorgaben, nach denen nur noch die reduzierten Zahlen der bayerischen Stellplatzordnung gelten, dem tatsächlichen Bedarf laut Angeringer oft nicht entsprechen. „Dies wird dazu führen, dass in vielen Fällen nicht mehr ausreichende Stellplatzflächen auf privaten Grundstücken vorhanden sein werden, mit der Folge, dass der öffentliche Raum zunehmend als Ersatz genutzt wird“, sagt er. Parken Autos zum Beispiel am Straßenrand, verschlechtert das aber die Verkehrssicherheit und das Ortsbild. Außerdem reduziere sich der Platz, der unter anderem für Radfahrer zur Verfügung steht.

    Dass Bauanträge künftig beim Landratsamt, statt bei den Städten und Gemeinden eingehen, ist für die Kommunen im Ostallgäu nicht neu. Das ist schon seit der Einführung des digitalen Bauantrags zum 1. Januar 2024 der Fall. Lang sieht darin keine wirkliche Arbeitserleichterung. Für Joas ist es hauptsächlich eine Veränderung der Reihenfolge.

    „Der digitale Bauantrag ist eine Verbesserung“

    Im besten Fall landet der Antrag erst bei der Gemeinde, wenn er vollständig ist. Fehlen Unterlagen, müssen sie beim Landratsamt nachgefordert werden. Deshalb ist der digitale Antrag laut Angeringer zwar einerseits eine Arbeitserleichterung. „Trotzdem bleibt es in der Praxis bei der Notwendigkeit der Prüfung und in der Konsequenz der Nachforderung von Unterlagen, auch wenn dies vom Umfang her abgenommen hat“, erklärt er.

    Und was sagen die drei Kommunenvertreter insgesamt über die Novelle? Laut Lang wirkt sie sich für die Gemeinden insbesondere durch den Eingriff in das gemeindliche Satzungsrecht aus, unter anderem durch die Abschaffung der staatlich angeordneten Stellplatzpflicht. „Der digitale Bauantrag ist eine Verbesserung“, sagt Angeringer. Insgesamt aber greife die Änderung in teilweise fragwürdigem Umfang in die kommunale Planungshoheit ein. Wie bereits bei früheren Novellen liege die Hauptzielrichtung bei der Arbeitsentlastung der staatlichen Bauaufsichts- und Genehmigungsbehörden. Städte und Gemeinden profitierten nur wenig, würden aber mit den Auswirkungen konfrontiert. „Groß verändert hat sich für uns nichts. Der große Wurf ist es nicht“, sagt Joas. Eher viel Aufwand für wenig Ertrag. Dennoch findet er es gut, sich immer wieder zu hinterfragen.

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