Viele sogenannten Bauernregeln, die bereits seit dem tiefsten Mittelalter anhand langjähriger, genauer Beobachtungen über Generationen hinweg die Himmelszeichen und Wetterphänomene festhielten, sind längst vergessen. Seinerzeit waren die Landwirte darauf angewiesen, nur so war eine reiche Ernte für die Großfamilien und ihr Gesinde garantiert.
"Zum Schluss fehlt nie ..."
Während einige Bauernregeln auf ganze Wochen, Monate oder gar Jahreszeiten bezogen sind, gibt es auch die sogenannten Lostage, die meist mit den Namenstagen, christlicher Heiligenfiguren verknüpft wurden. Bevor empfindliche Pflänzchen ins Beet kommen, ist Vorsicht geboten: „Pankrazi, Servazi und Bonifazi, sind drei frostige Bazi. Und am Schluss fehlt nie, die kalte Sophie“. Fast jeder Hobbygärtner und Gemüsebauer kennt und fürchtet die sogenannten Eisheiligen, die in der kommenden Woche mit Mamertus beginnen und am 15. Mai mit Sophie enden.
Hinter Sophia stecken gleich zwei Märtyrerinnen
Der Name der temperatursenkenden Heiligen Sophia stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Weisheit“. In ihrer Heiligenvita scheinen sogar zwei verschiedene Märtyrerinnen durch: Sophia, die Christin, die in Rom starb, und Sophia, die Mailänderin. Die Heiligenfigur wurde einst zur personifizierten Weisheit erkoren. Bereits im Alten Testament (Buch der Weisheit 6,13-14) wird die göttliche Weisheit als eine Art Person verehrt: „Denen, die nach ihr verlangen, gibt sie sich sogleich zu erkennen. Wer sie am frühen Morgen sucht, braucht keine Mühe, er findet sie vor seiner Türe sitzen.“ Selbst die berühmte Kirche „Hagia Sophia“ in Istanbul wurde einst der heiligen Weisheit geweiht. Die große Verehrung, die man Sophia entgegenbrachte, hängt auch mit der Namensgebung ihrer drei Töchter Fides (der Glaube), Spes (die Hoffnung) und Caritas (die Wohltätigkeit) zusammen. Die Weisheit und ihre Töchter, die drei christlichen Tugenden.
Abgebildet im Goldenen Saal
Im prunkvollen goldenen Renaissance-Saal des Augsburger Rathauses zeigt sie sich auf dem großen Deckenmittelbild. Dort wird sie mit Krone und Zepter auf einem Triumphwagen von weisem Gefolge gezogen und von ihren drei Töchtern begleitet. Die Engel bezeugen ihre Macht: „per me sapientia reges regnant“ („Durch mich, die Weisheit, regieren die Könige“).