Wer gedacht hatte, der renommierte Kunsthistoriker Marcus Spangenberg würde in seinem jüngsten Vortrag im Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau ein makelloses Bild des Märchenmonarchen Ludwig II. zeichnen, hat sich getäuscht. Schließlich präsentierte der aus Bonn stammende Autor und Journalist den rund 50 Besuchern seines Vortrags „Ludwig II. - der andere König“ im Palmenhaus des Museums ein etwas zwiegespaltenes Fazit des Lebens des Wittelsbachers, das er nach gut eineinhalb Stunden mit dem Zitat „Er war ein König und starb daran“ von Fritz Ostini, seinerzeit Redakteur der Zeitschrift „Jugendstil“, beendete.
Ludwig II. verband Gralsidee mit der Herrschaft der französischen Könige
Für sein fundiertes Referat über das, was in Bezug auf Ludwig seiner Meinung nach „das Wesentliche an ihm ist“, erntete Spangenberg dennoch oder gerade deswegen viel Beifall. Legte er doch recht verständlich dar, dass der Spross von Königin Marie und König Maximilian II. Joseph von Bayern zwischen seinen teils sehr hehren Ansprüchen hinsichtlich des Amts und seiner majestätischen Würde sowie seinem tatsächlichen Handeln quasi hin- und hergerissen war. Indem Ludwig II. nämlich ein großer Verfechter dessen war, seine Existenz nach dem Verständnis eines „Königs von Gottes Gnaden“ zu leben, wusste er laut Spangenberg gleichzeitig, dass er für das Amt des Königs nicht optimal vorbereitet war. Trotzdem habe sich der Wittelsbacher an seinen hohen moralischen Vorstellungen berauscht, erklärte der Referent. „Ludwigs Absicht war dabei, die religiös mittelalterliche Gralsidee mit der Herrschaft der Bourbonen zu verbinden“, verdeutlichte der Kunsthistoriker das Ansinnen des Monarchen, seine Begeisterung für Lohengrin, den Sohn des Gralskönigs Parzivals, mit dem französischen Herrschergeschlecht in Einklang zu bringen. Demzufolge ziehe sich in dieser Hinsicht „von Neuschwanstein über Linderhof bis Herrenchiemsee eine verbundene Linie.“
Auch gegenüber anderen war Ludwig II. „stark verunsichert“
Nicht nur seinem eigenen Handeln, sondern teilweise auch anderen Menschen gegenüber „stark verunsichert“, gab sich Ludwig II. dabei aber auch einer großen Einsamkeit hin, die ihm nicht guttat, wie Spangenberg unterstrich. Nachdem der bayerische König die strengen Moralvorstellungen seiner Zeit geteilt habe, litt er zugleich darunter, dass er selbst nicht so „sündenlos wie Lohengrin“, sein Vorbild, gewesen sei. Bei seinem Trachten, sich „der Krone, die Gott mir verliehen hat“, immer würdiger zu erweisen, hat er sich immer mehr zurückgezogen, betonte Spangenberg. Auf seine eigentlichen Amtsgeschäfte als König konnte Ludwig so schließlich keinen Einfluss mehr nehmen, weshalb der Referent davon sprach, dass sich bei dem Bayernkönig sozusagen zwei Welten gegenübergestanden hatten, nämlich sein krasser Anspruch an sich selbst als Monarch und sein durch eigenen Rückzug selbst verursachter Machtverlust.
Wie sich der König selbst demontiert
Eine immer größere Distanz zu einem Großteil seiner Mitmenschen aufbauend, habe Ludwig selbst dazu beigetragen, dass er gegen Ende seines Lebens hin „für viele nicht mehr tragbar war.“ Damit habe er sich selbst demontiert, zumal seine enorme Bauleidenschaft ihn dazu führte, nicht zu sparen, sondern im Gegenteil sich zu verschulden. „Zu seinen Lebzeiten war er kein beliebter Monarch“, stellte Spangenberg deshalb genauso klar, wie er aber auch sagte, dass 1886 dennoch ein Mythos geboren worden sei, „mit dem sich viele heute sogar identifizieren.“
Info: Am Donnerstag, 17. Juli, ab 18 Uhr stellt Professor Julius Berger im Museum der Bayerischen Könige in Hohenschwangau sein Buch „Ja.Cello!“ vor. Moderator ist Jürgen Seeger, ehemaliger Programmchef von BR Klassik. Der Eintritt ist frei.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden