„Nie aufgeben.“ Dieser Leitsatz steht über der journalistischen Arbeit von Nedim Türfent. Der 34-Jährige mit kurdischer Abstammung war seinen Worten zufolge unter fadenscheinigen Anschuldigungen in der Türkei verhaftet worden. Und, ohne selbst vor Gericht angehört zu werden, zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Türfent spricht auf Einladung der Amnesty International (AI) Gruppe Lechtal in der Füssener Volkshochschule vor etwa 30 Zuhörern.
Zwei Jahre Haft in Isolation in der Türkei
Zwei Jahre lang dauerte Türfents Haft in Isolation. Der 34-Jährige kam vor zwei Jahren frei, weil AI seinen Fall aufgriff und sämtliche Hebel in Bewegung setzte, um den politischen Skandal zu beenden. „Ich habe nur meine Arbeit gemacht“, sagt Türfent. Seine Recherchen hatten aufgedeckt, dass türkische Polizisten bei einem Sondereinsatz auf einer Baustelle sechs Männer gefesselt hatten, die nachweisbar keine Terroristen waren. Das
missachte die Menschenrechte, so der 34-Jährige. So wurden Zeugen, die gegen ihn aussagen mussten, massiv bedroht und körperlich verletzt. „Auf keinen Fall werde ich meinen Traum aufgeben“, sagt der Journalist, dessen Verlobte an der Veranstaltung teilnimmt. Sie verbrachte fünf Jahre im Gefängnis – wegen einer Veröffentlichung.Über Leipzig nach Gießen gekommen
Türfent war nach seiner Freilassung über Leipzig nach Gießen gekommen. Der Journalist und Dichter berichtet in freier Rede in Englisch, dass in der Türkei auch gewählten Bürgermeistern mit kurdischen Wurzeln, Lehrern, die für Demokratie eintreten, und publizierenden Kollegen lange Haftstrafen drohen. Ob er dennoch zurück in die Türkei wolle, fragt ein Zuhörer im Publikum. Für ihn sei das Leben dort viel zu gefährlich, antwortet Türfent. Er habe ein einjähriges Stipendium und will in Deutschland bleiben.
Seinen zweigeteilten Vortrag fasst Dr. Monika Medel von der AI-Gruppe Lechtal zusammen, die sich seit 41 Jahren engagiert. Der Gastredner rezitiert im zweiten Teil eigene Gedichte in kurdischer und türkischer Sprache – Maria Allgaier spricht sichtlich bewegt die Übersetzung.
Werke in 25 Sprachen übersetzt
Die Werke von Autor Nedim Türfent sind in 25 Sprachen publiziert. Der Titel seines Buchs: „Hinter Mauern“. Während seiner Zeit im Gefängnis hatte Türfent weiter geschrieben. Einige seiner Texte wurden etwa in der Berliner TAZ veröffentlicht. Die Schriftstellervereinigung PEN ernannte ihn zum Ehrenmitglied.
Wie auch die Gruppe Lechtal Verfolgten helfen kann
Wie kann man eigentlich von außerhalb Druck auf autoritäre Regime ausüben? Indem man etwa versuche, Kontakt zu einzelnen politischen Gefangenen herzustellen, sagt Betty Reiners von AI. Dies könne auch zur vorzeitigen Freilassung der Inhaftierten führen – wie im vorgestellten Fall. Gemeinsam mit anderen Gruppen, die sich für Menschenrechte einsetzen, hatten Türfent auch die ai-Mitglieder in Füssen-Schongau während seiner Haftzeit unterstützt. Reiners erinnert: „Neben einer intensiven Korrespondenz ins Gefängnis haben wir auf das Schicksal des gewaltlosen Journalisten und Dichters aufmerksam gemach. Dementsprechend groß war unsere Freude über seine Freilassung.“