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Sind Einfamilienhäuser ein Klimakiller? Ein Experte fasst zusammen

Wohnen und Klima

Sind Einfamilienhäuser ein Klimakiller? Das sagt ein Experte

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    Professor Andreas Hild bei seinem Vortrag.
    Professor Andreas Hild bei seinem Vortrag. Foto: Ulrich Schaaf

    Sie gelten aus ökologischer Sicht als ungünstig: die Einfamilienhäuser, in denen die Deutschen am liebsten wohnen. Doch würde man diese Gebäude sanieren und aufwerten, wäre dies ein großer Hebel für die Energiewende und den Wohnungsmarkt.

    Laut Experten sind Einfamilienhäuser schlecht fürs Klima

    Zu diesem Fazit kam Architektur-Professor Andreas Hild von der TU München, hat bei der Veranstaltungsreihe ‘Klima & Energie’ einen gut besuchten Vortrag des Fortbildungszentrums Eggensberger gehalten. Das Thema „Klimabilanz von Einfamilienhäusern“ hat er zusammen mit seinem Kollegen Professor Thomas Auer in die öffentliche Diskussion eingebracht, heißt es in einer Pressemitteilung über die Veranstaltung.

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    Einfamilienhäuser sind aus ökologischer Sicht ungünstig: großer Siedlungs- und Wohnflächenverbrauch, hoher Energieverbrauch und teure Infrastruktur, Straßen- und Siedlungserschließung.

    Bestand an ökologisch ungünstigen Einfamilienhäusern ist riesig

    Der Bestand an alten Einfamilienhäuser ist jedoch riesig: Von den 18 Millionen Wohngebäuden in Deutschland sind 16,3 Millionen Einfamilienhäuser, davon fünf Millionen Zweifamilienhäuser. Nicht nur in ländlichen Gebiete sind Einfamilienhäuser die vorherrschende Wohnform. Auch in vielen Städten wohnen mehr als die Hälfte der Einwohner darin – in München sind es etwa 60 Prozent der Bewohner.

    Diese Gebäude zu sanieren und aufzuwerten ist laut Professor Hild ein großer Hebel für Energiewende und Wohnungsmarkt. Wenn man nur 10 Prozent dieser Gebäude im Zuge einer Sanierung erweitern würde, entstünde Wohnfläche für mehr als 1,6 Millionen Wohnungen, etwa viermal so viel wie die Zielsetzung der Regierung für den jährlichen Wohnungsbau.

    In Brixen gibt es hohe Förderungen für Wohnflächenerweiterung

    Der Referent zeigte Beispiele für Erweiterungen von Einfamilienhäusern. Manche wurden an der Giebelseite verlängert, bei anderen wurden Zwischenräume aufgefüllt. In Studien ergaben sich 80 Prozent mehr Wohnfläche, was er aber als zu optimistische Annahme einschätzte.

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    Interessant waren Beispiele aus Brixen (Südtirol), wo ein kommunales Programm Wohnflächen-Erweiterungen finanziell gefördert hat, wenn 20 Prozent mehr Wohnfläche entstand. Sehr häufig wurden kleine zusätzliche Wohneinheiten, etwa Einlieger-Wohnungen, gebaut.

    Diese Strategie der Verdichtung solcher Siedlungen hätte laut Hild wesentliche Vorteile:

    • Der zusätzliche Wohnraumbedarf wird bedient, ohne dass Neubaugebiete ausgewiesen werden müssen.
    • Ältere Hausbesitzer brauchen oft kleinere barrierefreie Wohnungen. Sie können dann überschüssigen Platz an jüngere Familien abgeben.
    • Ein Anbau oder eine Aufstockung kann Einnahmen generieren, die eine energetische Sanierung bezahlbar machen.
    • Die Energieverschwendung in den Altbauten kann gestoppt oder zumindest reduziert werden.

    Hild nannte auch die Hürden, die überwunden werden müssen:

    • Bei zusätzlichen Wohnungen werden mehr Auto-Stellplätze gebraucht.
    • Die Abstandsflächen müssen beachtet oder im Bebauungsplan reduziert werden.
    • Barrierefreiheit muss in den um- oder neu gebauten Häusern beachtet werden.

    In einer ausführlichen und lebhaften Diskussion wurden die folgenden Fragen erörtert: Der Bedarf an Infrastruktur, etwa Einkaufsmöglichkeiten oder Schulen und Kindergärten, wird bei steigenden Bevölkerungszahl wachsen.

    Hild bestätigte dies, meinte aber, dass kleinteilige, fußläufig erreichbare Einrichtungen wünschenswert seien.

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    Der Begriff „Unternutzung“ in Gebieten mit Einfamilienhäusern wurde hinterfragt. Wann sind Gebäude nicht ausreichend genutzt? Der Referent zitierte die Statistik: 1950 waren durchschnittlich 28 Quadratmeter pro Person üblich, heute sind es 48 Quadratmeter pro Person – Tendenz steigend.

    Klimawandel wird für Einfamilienhäuser-Besitzer zum sozialen Problem

    Ein Zuhörer fragte, ob die Grunderwerbssteuer Hausbesitzer davon abhalte, aus einem „unternutzten“ Gebäude auszuziehen. Der Referent kündigte an, dass sich Forscher damit beschäftigen werden. Ein Teilnehmer meinte, dass im Vortrag die schrittweise Sanierung von Altbauten zu kurz gekommen sei.

    Hild verwies darauf, dass der Klimawandel für Einfamilienhaus-Besitzer ein großes soziales Problem darstelle, insbesondere wenn die CO2-Abgabe ihre volle Wirkung zeige. Man brauche frühzeitig Ansätze für Lösungen.

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