Sie mussten lange warten. 13 Jahre nach dem letzten Meisterstück haben die Kicker des FC Rettenberg ihr neues Kunststück geschafft. Beide Teams des FCR haben sich souverän die Meisterschaft in der Kreisklasse, bzw. die Reserve in der B-Klasse 7, und damit den Aufstieg gesichert. „Wer sich so lange gedulden muss, darf es auch krachen lassen“, sagt Spielertrainer Trainer Martin Welte. Und das taten sie. Pilswagen auf dem Platz, Meisterschalen auf dem Balkon und ein 30-Stunden-Rausch verwandelten den letzten Spieltag für den FC Rettenberg zur Party-Dauerschleife. Wir schauen mit den Trainern, den Welte-Brüdern Manuel und Martin, auf die Traumsaison zurück, blicken auf heikle und auf erheiternde Momente – und erzählen von einer denkwürdigen Feier.
Ursprung: der Welte-Wandel
Um das blaue Wunder von 2022 zu verstehen, muss man fast ein Jahrzehnt zurückblättern in der Chronik des FCR. 2013 nämlich, als Martin Welte vom VfB Durach nach Rettenberg zurückkehrte. „Seit dann haben wir uns Schritt für Schritt entwickelt“, sagt der 37-Jährige, der zunächst als Spieler, 2019 als Coach übernahm. „In den vergangenen Jahren hat sich das Ganze stark verbessert: Wir haben immer mehr junge Spieler eingebaut, immer mehr Struktur im Team gehabt und alles im Verein ist in geregelteren Bahnen verlaufen.“ So galt der FC Rettenberg seit Jahren als heißer Dauer-Aufstiegsanwärter, mindestens aber als Top-Drei-Kandidat. Was heuer anders war als in den Vorjahren? „Rettenberg hat immer pro Saison 60 Tore geschossen, aber auch 58 kassiert“, sagt Martin Welte. „Das hat sich geändert.“

Jahrelanger Hurra-Fußball
Und zwar nicht zuletzt mit dem Zugang des zweiten Welte-Bruders, Manuel, im Sommer 2021 vom VfB Durach. „Ich habe den FCR lange verfolgt und habe seit drei Jahren gesehen, dass da mit den vielen jungen Spielern richtig was wachsen kann“, sagt der 32-Jährige. „Aber es war immer Hurra-Fußball – vorne wie hinten.“ Also haben die Welte-Brüder, beide als Spielertrainer, die Organisation des Teams auf der Prioritätenliste nach oben gesetzt. „Wir wollten eine gute Balance finden und ein Team formen, in dem sich der Stürmer nicht zu schade ist, hinten zu arbeiten, um aus der stabilen Defensive unsere Offensive anzugehen. Denn die war immer für ein Tor gut“, sagt Manuel Welte.
Knackpunkt: Sieg gegen Staufen
Das Konstrukt funktionierte auf Anhieb. Rettenberg legte einen Blitzstart mit drei Siegen hin, wobei der dritte, das 2:1 Mitte August gegen Oberstaufen, sowohl für die Weltes als auch für Kapitän Steve Oertel früh in der Saison der Knackpunkt war. „Wir haben schnell gespürt, dass jeder den Willen aufgebracht hat, als Team etwas zu erreichen. Gegen Oberstaufen haben wir spät in der Nachspielzeit das 2:1 gemacht“, sagt der 32-jährige Oertel. „Alle hatten das Gefühl, dass das der Truppe einen Schub geben kann. Wir haben gelernt, die engen Spiele auch ruhig zu Ende zu spielen und uns hintenraus zu belohnen.“ Und so brachte auch das folgende 0:1 bei Kleinweiler-Wengen das Kollektiv nicht ins Wanken. Der FCR kam ins Rollen, legte eine Serie von acht Siegen hin und blieb 22 Spiele in Folge ungeschlagen. Bis zum Saisonende.

„Spricht für Entschlossenheit“
Die größte Qualität der Mannschaft, darin sind sich die drei Führungsspieler einig, war das stimmige Teamgefüge und die daraus resultierende Moral. „Wir haben niemals ein Spiel aufgegeben, das ist unsere größte Stärke“, lobt Martin Welte. „Klar, es waren auch knappe Spiele dabei, aber das spricht erst recht für die Entschlossenheit der Mannschaft.“ Die Balance aus aufstrebenden Jugendspielern und den erfahrenen Spielern, „die den Jungen gezeigt haben, dass es auf dem Fußballplatz keinen Grund gibt, nervös zu sein, hat uns den Weg zum Titel geebnet“, ergänzt Manuel Welte.
Mammut-Feier bis Sonntagabend
Und so war es auch nur logische Konsequenz, dass der FCR den Aufstieg beider Teams (die Zweite schaffte als B-Klasse-Meister den Sprung in die A-Klasse) über die Maße gefeiert hat. Der Titelgewinn war vor dem letzten Spieltag gegen den 1. FC Sonthofen II bereits fix – entsprechend hatten die Vorbereitungen ein Mammut-Fest garantiert: Ein Pilswagen auf dem Platz, zwei eigens angefertigte Meisterschalen, Gänsehaut-Momente für jeden Spieler auf dem Balkon des Vereinsheims – und eine 30-Stunden-Party der Helden.
„Es war schon beim AH-Spiel nachmittags eine emotionale Stimmung. Das hat sich bis in die Nacht und in den Sonntag übertragen“, sagt Manuel Welte. Und sein fünf Jahre älterer Bruder ergänzt: „Ich habe mich um 1 Uhr ausgeklinkt, weil Sonntag die Kommunion meiner Nichte anstand. Die meisten haben aber noch Gas gegeben bis abends beim Vorsitzenden. Die letzten müssen wohl um 21 Uhr aufgehört haben.“ Und dieser Vorsitzende, Hermann Neher, fand auch am Tag nach der Marathon-Meisterfeier richtigen Worte. „Es ist sensationell, dass wir das erreicht haben. Es macht mich glücklich, dass die zwei Buben meines besten Freundes, die Jungs von Stefan Welte, einen so großen Beitrag dazu geleistet haben“, sagt Neher. „Wir sind stolz, dass wir in den Jahren davor so eine tolle Jugendarbeit geleistet haben. Das ist der Lohn.“