Sie präsentierten sich auch im dritten „gemeinsamen“ Jahr als eingespieltes Team. Sonthofens Bürgermeister Christian Wilhelm und Oberst Tim Richardt spielten sich auf dem Neujahrsempfang der Stadt und der Bundeswehr rhetorisch die Bälle zu - und unterstrichen einmal mehr die gute Zusammenarbeit. Dabei griffen sowohl der Rathauschef als auch der Oberst humoristisch nicht zur ganz feinen Klinge, waren aber dafür messerscharf in der Wortwahl. Denn anders als noch im vergangenen Jahr, als der Biber in aller Munde war und als Spielball der inhaltlichen Schwerpunkte herhalten musste, beherrschten ernste Themen den Auftakt ins Jahr 2025.
„Es herrschen mehr denn je Unsicherheiten auf der Welt und in Deutschland, im Großen und im Kleinen“, begann Richardt seinen dritten Neujahrsempfang mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. „Es gibt Unwuchten auf allen Ebenen, innere und äußere Bedrohungen und viele, die nicht als solche wahrgenommen werden.“ Konkret bezog sich Richardt auf Kriege, Konflikte im Inneren, Klimaprobleme und künstliche Intelligenz: Der Oberst forderte unermüdlich „die richtige Balance“ im Umgang mit Herausforderungen.
Wilhelm: Scharfe Kritik an Kommentaren im Netz
Die Vorlage nahm Bürgermeister Wilhelm dankend an, um zur Gesellschaftskritik auszuholen: „Wir haben verlernt, Probleme zu lösen. Kompromisse zu schließen, wird heute oft als Niederlage angesehen.“ Der Rathauschef kritisierte die neue Kommunikationskultur, im Speziellen das anonyme Kommentieren in Sozialen Netzwerken. „Die Beiträge mit den meisten Kommentaren sind am erfolgreichsten – gleich, ob sie wahr sind oder nicht. Heute hat oft der recht, der am lautesten schreit“, klagte Wilhelm mit Blick auf Hasskommentare im Internet nach Bekanntwerden der Schließung des Sonthofer Kinos an: „Denn am Ende bleibt ein Wust von Fehlinformationen, Falschaussagen und das Gefühl von Zorn und Wut.“
Kernbotschaft beider Redner war zuvorderst die Forderung nach Balance. Nach einem Gleichgewicht zwischen Kritik und Dank, zwischen Bedacht und Intuition, zwischen Gas geben und bremsen. Beschleunigen wollten ursprünglich auch alle Beteiligten die Abgabe der Liegenschaften der Grünten- und Jägerkaserne an die Stadt. „Doch die Rahmenbedingungen haben sich durch den Krieg nun einmal geändert. Und die Lage ist komplex“, sagte Wilhelm. Entsprechend sei an eine Abgabe schlicht nicht mehr zu denken, sagte der Rathauschef.
Und so waren sich Wilhelm und Richardt nicht zuletzt auch einig darüber, dass der neue US-Präsident Trump und sein „Politik-Influencer“ Elon Musk die globale Balance alsbald erneut gefährden könnten. Richardt schloss mit der Botschaft: „Auch, und gerade hier gilt die Maxime: Den Leuten nicht nach dem Mund reden, aber ihnen ab und zu auf den Mund schauen. Das müssen wir alle.“
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