„Wir sind eine Art Corona-Gewinner“, sagt die Jugendwartin des TC Sonthofen, Andrea Baumgart. Denn während vielerorts vom Aussterben des Tennissports gesprochen wird, verzeichnen die Kreisstädter einen stetigen Mitgliederzuwachs. Die Gründe dafür sind vielseitig. Als kontaktlose Sportart bekam der TCS am Ende jedes Lockdowns früher als andere Sportarten grünes Licht für die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs. Zudem sind die Kreisstädter mit einem Allwetterplatz „gesegnet“, wie der stellvertretende Präsident Ralf Wyklicky berichtet.
Dieser Platz wurde im vergangenen Jahr restauriert und im November auf Bitten der Mitglieder mit Netzen versehen. Dennoch war es letztlich ein Kraftakt, das Feld für den Trainingsbetrieb herzurichten, da es im Frühjahr noch mit Schnee bedeckt war. Mehrere Stunden waren die Helfer um Junior-Club-Referent und Tennistrainer Nico Fäßler dafür im Räumeinsatz. Danach war die Freude bei den Spielern dafür umso größer. Die Stimmung ist super und alle sind glücklich, dass sie endlich wieder Gas geben dürfen“, beschreibt Fäßler.
TC Sonthofen verzichtet im Lockdown auf Cybertraining
Auch wenn sich einige Vereinsmitglieder anfangs teilweise noch in Daunenjacken vorbereiten mussten. Dennoch waren die „Tennis-Verrückten“, wie der 61-jährige Wyklicky die Witterungstrotzenden nennt, froh, überhaupt wieder zum Schläger greifen zu dürfen. Ein Cybertraining hat der Club während des Lockdowns nicht angeboten, und doch sind alle Spieler schnell wieder reingekommen, berichtet Fäßler: „Es sind sogar etliche Neue, in erster Linie Kinder und Jugendliche, hinzugekommen.“

Um diesen Zuwachs zu erreichen, hat sich der Vorstand bereits nach der Wahl vor vier Jahren intensiv Gedanken gemacht – denn auch beim TC Sonthofen sind im vergangenen Jahrzehnt leicht rückläufige Mitgliederzahlen erkennbar, räumt Wyklicky ein. Um dem entgegenzuwirken und um den Verein attraktiver zu machen, haben die Verantwortlichen ein ausgeklügeltes Jugend-Trainingskonzept ausgearbeitet, das auch auf Trainingsbezuschussung vom Verein basiert und die Kosten der Eltern auf ein Minimum senkt. „Man muss bei den Kleinsten ansetzen und deren Bindung zum Verein stärken, um auf Dauer bestehen zu können. Wir sind der Jugend verpflichtet und möchten dem Rechnung tragen“, erklärt Wyklicky die Aufstockung des Förderbeitrags.
Um die Belange der Jugend zu fördern, wurde Nico Fäßler 2018 in der neu geschaffenen Position des Jugend-Club-Referenten in den Vorstand geholt. „Uns war es wichtig, jemanden zu haben, der nicht zu alt ist, die Sprache der Jugend spricht, den Kontakt pflegt und ein Ohr für Jugendliche und ihre Eltern hat“, beschreibt Ralf Wyklicky. Mit der Wahl von Nico Fäßler haben die Verantwortlichen dabei ins Schwarze getroffen. Der 28-Jährige „ist relativ jung, bringt Schwung und gute Ideen ein, kommt bei der Jugend gut an und ist ein Vorbild für die Kinder“, sagt Andrea Baumgart.
Nico Fäßlers Plus: Erfahrung plus Charisma
Fäßler gehört nicht nur der Vorstandschaft an, sondern komplettiert neben dem Inhaber der Tennishalle, Anton Libermann, mit seiner Tennisschule das Trainerteam des Clubs. Ein Coach alleine könnte der starken Nachfrage gar nicht mehr Herr werden, gibt Wyklicky zu bedenken. Fäßler, der seine Ausbildung in Memmingen, unter dem ehemaligen deutschen Profispieler Daniel Elsner absolviert hat, ist vor allem bei der Jugend zum Zugpferd geworden und sorgt gemeinsam mit TCS-Spieler Finn Clormann für Mitgliederzulauf. Fäßler bleibt bei der Frage nach seinem Geheimrezept bescheiden: „Ich bin offen und versuche allen, vom Dreijährigen bis zum 83-Jährigen, Spaß am Tennis zu vermitteln. So lernt man viel schneller.“

Dabei vergleicht der 28-Jährige die Trainingsfortschritte mit dem Lieblingsfach in der Schule. Daher führt er die Kleinsten zunächst in einer spielerischen Ballschule an den Sport. Das richtige Training beginnt, wenn eine gewisse Stufe erreicht ist. Da zunächst die Hand-Auge-Koordination im Vordergrund steht, haben die Anfänger in den ersten zwei Stunden noch gar keinen Schläger in der Hand.
"Ein guter Trainer und für die Kinder ein Freund"
Dass er die Kids bei der Sache behalten kann, daran hat Fäßler keinen Zweifel. „Ich probiere auf dem Platz nicht nur ein guter Trainer, sondern den Kindern gegenüber auch ein Freund zu sein“, erzählt er und fügt an: „Ich bin froh, dass ein kleiner Hype da ist und dass es bergauf geht“, sagt Fäßler. Ralf Wyklicky ist ebenfalls zufrieden. „Der Weg ist der richtige, wir haben mit der Wahl unseres Trainers ein glückliches Händchen gehabt und das spricht sich herum. Unser erfolgversprechendes Modell trägt Früchte.“ Da das Sommercamp bereits ausgebucht ist, denkt man beim TCS über eine Wiederholung nach. Zudem wolle der Verein intensiver auf Schüler zugehen und die Freizeitaktivitäten ausweiten.
Der TC Sonthofen hofft, dass der Trainingsbetrieb selbst bei steigenden Infektionszahlen weitergeführt werden kann, allerdings wären die Verantwortlichen selbst bei einem erneuten Lockdown nicht pessimistisch. „In diesem Fall müssen wir im Frühjahr volle Kanne loslegen“, sagt Andrea Baumgart. Die 65-Jährige ist sicher, dass sich der Mitgliederstand selbst dann halten oder sogar noch steigern lässt. Es käme dabei lediglich auf die Kreativität der Verantwortlichen an.