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500 Kilometer mit einem dreiviertel Liter Sprit

Durach

500 Kilometer mit einem dreiviertel Liter Sprit

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    Dorian Liebsch
    Dorian Liebsch Foto: Dorian Liebsch/Willi Diet

    Die Saison der Segelflieger in Durach ist zu Ende: Die Flugzeuge wurden gereinigt und in ihren Winterquartieren untergebracht. Somit ist Zeit, um auf die Erlebnisse der vergangenen Monate zurückzublicken. Im Juli beispielsweise erlebte der junge Pilot und angehende Fluglehrer Dorian Liebsch einen abenteuerlichen Flug.

    Ideale Wetterbedingungen herrschen an diesem Sommersonntag im Alpenraum. Über den Gipfeln der Allgäuer Alpen tauchen die ersten Quellwolken auf – unten flach und nach oben wachsend. Die Thermik setzt ein, die für den Segelflug unabdingbar ist. Liebschs Ziel ist das Engadin (Schweiz) mit seinen naturgemäß hohen Wolkenuntergrenzen und den guten Steigwerten der erwärmten Luft. Gegen 11 Uhr schleppt ihn die Winde auf die Ausgangshöhe von 400 Metern über dem Flugplatz Durach. Schon jetzt ist der dreiviertel Liter Sprit durch die Seilwinde verbraucht.

    Liebsch hat das Glück und das Können, oben zu bleiben. Über dem Waltenhofener Moos packt der erste Aufwind den Segelflieger, der pro Sekunde einen halben Meter steigt. Gebannte Blicke auf das Messinstrument, das das Steigen anzeigt. Das viel gepriesene Gefühl im Hintern eines Segelflugpiloten deutet aber an, dass das Steigen zunimmt – mit bis zu einem Meter pro Sekunde bei 90 km/h. Der Flieger erreicht 1000 Meter. Das reicht, um in Richtung Grünten abzufliegen. Notfalls kann er auf dem Segelflugplatz Agathazell bei Burgberg landen. Die Höhe reicht aber gerade aus, um über die Schulter des Berges zu kommen. An dessen Südseite ist die Sonneneinstrahlung so stark, dass die Felswände die Umgebungsluft ebenfalls erwärmen und diese nach oben steigt.

    Auf über 2000 Metern geht die Reise weiter in Richtung Nebelhorn und zwischen Krottenkopf und Mädelegabel auf das obere Lechtal. Liebsch ist aber noch zu tief, um das Lechtal zu überqueren. Er tastet geduldig die Felsrippen westwärts nach Aufwinden ab und gewinnt an Höhe. Der Flieger saust mit 130 km/h in Richtung Verwall (zentrale Ostalpen in Österreich) im Gleitflug, kommt danach der Samnaungruppe bedenklich nahe. Was aus der Höhe toll aussieht, kann schnell zur Gefahr werden. Ein Überfliegen der Giganten ist nicht mehr möglich. Den Piloten beschleicht das bedrückende Gefühl, von den Bergriesen eingeschlossen zu werden.

    Jetzt sind ein kühler Kopf, Entscheidungssicherheit und hohes fliegerisches Können gefragt. Liebsch ändert seine Richtung nach Osten in Richtung Landeck, wohin der Gebirgszug gleichmäßig abfällt. Einmal geht es knapp am Felsen vorbei. Bei Serfaus (Tirol) stellt sich der ersehnte Aufwind ein. Der Flieger steigt auf 3400 Meter. Die Verhältnisse werden noch günstiger, die Flughöhe klettert bei fünf Meter Steigen pro Sekunde auf 4000 Meter. Dafür hat Liebsch im Cockpit eine Flasche Sauerstoff dabei. Es geht am Muttler vorbei, der Reschensee kommt in Sicht und wenig später der italienische Lago do Gallo mit Livigno. Schließlich zeigt sich das Oberengadin mit Sicht auf St. Moritz, die Silvaplana, den Silser See und die Bernina von seiner besten Seite. Hier ist der Wendepunkt erreicht. Der Rückweg folgt in etwa auf denselben tragenden Linien wie der Hinflug. Auch jetzt kann der Pilot notfalls auf einer der wenigen Wiesen in einem der Täler in den Hochalpen landen.

    Nach vier Stunden Flug entschließt sich Liebsch für einen Abstecher nach Innsbruck. Weitere dreieinhalb Stunden später und nach insgesamt 500 Kilometern landet der Pilot in Durach.

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