Die Räume atmen Geschichte. Nicht nur die 300 Jahre, seit Johann Jakob Herkomer dem Füssener Kloster sein heutiges barockes Aussehen verlieh. Tausend Jahre sind vergangen, seit sich der heilige Magnus als Einsiedler in Füssen niederließ. Er legte damit den Grundstein für das Benediktinerkloster, das über Jahrhunderte die Region prägte. „Wir sehen es als Privileg, ein Museum in so einem historischen Gebäude haben zu dürfen“, sagt dessen Leiter Dr. Anton Englert trotz aller Einschränkungen, die das mit sich bringt.
Die Ausstellungen im Museum der Stadt Füssen im Südflügel des ehemaligen Klosters wirken dagegen noch ganz jung. Sie entstanden in ihrer heutigen Form erst nach der Landesausstellung „Bayern-Italien“, die das Barockkloster im Jahr 2010 beherbergt hatte. Die Ausstellung zur Klostergeschichte selbst kam gar erst 2015 dazu. Seitdem kann man sich dort informieren, wie das Kloster betrieben wurde, das in Südtirol sogar einen eigenen Weinberg unterhielt. Welcher Gebäudeteil welche Funktion hatte, lässt sich anschaulich an einem Modell des Klosters nachvollziehen, das den Blick auf die verschiedenen Etagen freigibt. „Schatzkammer“ nennt sich diese Abteilung, die mit der „Wunderkammer“ in Elbigenalp im Tiroler Lechtal ein Gegenstück hat. Ihr Symbol ist eine Schatzkiste, die 2014 im Kloster entdeckt worden war – zur Enttäuschung der Verantwortlichen der ewig klammen Stadt allerdings leer.
Für Entdeckungen sind die 300 Jahre alten Klosterräume immer gut. So wurden die Spuren ihrer Vorgängerbauten nicht restlos getilgt. Ausgegraben wurden beispielsweise Teile eines mittelalterlichen Kreuzgangs, an denen sich sogar Reste der Bemalung erhalten haben. Die ursprüngliche Marienkirche des Klosters ist als Annakapelle Teil der Ausstellungen und enthält einen weiteren Schatz: den 1602 vollendeten Totentanz von Jakob Hiebeler, den ältesten erhaltenen Totentanz in Bayern. In voller barocker Pracht zeigen sich die Klosterräume im Kaisersaal, der heute für repräsentative Ereignisse und kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte genutzt wird. Mehrfach findet sich der Reichsadler in dessen Ausstattung als Zeichen des allerdings gescheiterten Bemühens des Klosters, sich vom Bistum Augsburg zu lösen und Reichsunmittelbarkeit zu erlangen.
Neben dem Kloster selbst nehmen an der Wiege des europäischen Lautenbaus die Instrumentenmacher einen großen Bereich der Ausstellungen ein. 57 Streich- und 33 Zupfinstrumente sind im Museum zu sehen, sagt Leiter Englert. Das älteste ist eine Laute, die Wolfgang Wolf Mitte des 16. Jahrhunderts in Füssen gefertigt hatte und die im vergangenen Jahr in die Liste der „100 Heimatschätze“ in Bayern aufgenommen wurde.
Doch nicht nur Fachleute kommen bei der Betrachtung der alten Instrumente auf ihre Kosten, auch Laien haben ihre Freude, nicht zuletzt an Raritäten wie einer Pochette – einer Art Taschengeige für Tanzmeister – oder einem Trumscheit. Mit ihm konnten zum Beispiel auch Nonnen Trompetentöne erzeugen, für die die Bedienung eines Blasinstruments als unschicklich galt. Die Werkstatt eines Münchner Geigenbauers sowie Schaustücke heutiger Füssener Geigenbauer geben Einblicke in das Handwerk, das in der Stadt heute wieder gepflegt wird.
Endgültig vorbei ist dagegen die Geschichte der einstigen Seilerwarenfabrik, die die Zeit der Industrialisierung in Füssen praktisch alleine bestritt. Zur gleichen Zeit übrigens, als König Ludwig II. seine Schlösser baute, weshalb im Museum die Ausstellungen dazu gegenübergestellt wurden.