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„Geografisch eng, aber menschlich weit“

Füssen/Vallarsa

„Geografisch eng, aber menschlich weit“

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    Laimpachtaler
    Laimpachtaler Foto: Anton Reichart

    Die Straße wird eng und enger. In unzähligen Kurven schraubt sie sich entlang der Hänge des Laimbachtals bis auf 1000 Meter Höhe. Nur 26 Kilometer lang ist der Weg von der Autobahn-Ausfahrt bei Rovereto bis in den Ort Camposilvano, der wie ein Nest an einem Berghang klebt. Dort übernachtet die Gruppe des Tracht- und Heimatvereins Almrausch Stamm Füssen bei ihrem ersten Gegenbesuch des Kulturvereins Historische Trachten der Laimbachtäler.

    Mit ihm hatten die Füssener im Vorjahr einen Partnerschaftsvertrag geschlossen. Darin vereinbarten die beiden Vereine jährliche, gegenseitige Besuche. Heuer waren die Ostallgäuer an der Reihe und machten sich auf zum dreitägigen Besuch auf ins 300 Kilometer entfernte Vallarsa in der norditalienischen Provinz Trentino.

    Die „Laimpachtaler Zimbarn“ haben ihre Wurzeln im Jahr 1050. Damals reichte das bairische Stammesgebiet bis an die Adria. Wegen großer Hungersnot wanderten westbairische Bauern nach Verona aus. In den isolierten, schwer zugänglichen Hochebenen wie beispielsweise östlich von Rovereto konnten sie sich auf Dauer erfolgreich ansiedeln. Und hier hielt sich das Zimbrische als älteste lebende, bairische Mundart, die neben dem Italienischen gesprochen wird.

    Diese historische Verbundenheit spüren die Füssener Trachtler bereits bei der Anfahrt auf den schmalen Straßen nach der Autobahn.

    Stolz, aber verbindlich, und ihrer Wurzeln bewusst zeigen sich die gastgebenden Zimbarn. So hatte deren Obmann und frühere Südtiroler Gewerkschaftssekretär Arthur Franz Stoffella als Historiker bereits 1996 den Auftrag erhalten, nach den alten Trachten zu forschen. Unter anderem fand man bei brasilianischen Auswanderern in einer Truhe die alte zimbrische Tracht(siehe Infokasten). Arthurs Sohn, der promovierte Betriebswirtschaftler, Jurist, Sprachforscher und Dozent an den Universitäten von Innsbruck und Bozen, Hugo-Daniel Stoffella, kniete sich in eine sechsjährige intensive Erstellung des ersten deutsch-zimbrischen Wörterbuches.

    Der Geist dieser Traditionen wurde beim Ausflug auf den 1122 Meter hohen Pass Fugazze am Fuße des 2200 Meter hohen Monte Pasubio deutlich. Den Berg hatten Österreicher und Italiener im Ersten Weltkrieg sogar unterhöhlt, um sich gegenseitig in die Luft zu sprengen. Hugo-Daniel Stoffella zeigte den Besuchern, wie friedlich sich der heutige Übergang von den Regionen Trentino/Südtirol zur Provinz Vicenza und damit zur Region Veneto hier erweist.

    Viele Bewohner der beiden Laimbachtäler finden hier aber keine Arbeit. So pendelt ein Großteil zu ihrem Arbeitsplatz ins Tal Richtung Rovereto und sogar bis Bozen. Da heute kein einziger Bauernhof mehr im Laimbachtal und an den Berghängen existiert, haben die Bürger eine andere, eine nachhaltige und umweltbewahrende Nutzung gefunden. Sie gründeten eine Genossenschaft, die die Berghänge abmäht. Das Futter bekommen die rund 30 Hirsche, die in einem Gehege gehalten und von zwei speziellen Wachhunden Tag und Nacht vor Füchsen bewahrt werden. Ein oder zwei Hirsche werden pro Jahr geschlachtet und finden begehrten Absatz als regionales Fleisch in der regionalen Gastronomie.

    Davon konnten sich auch die Füssener beim Essen am Festabend im Dorf- und Vereine-Gemeinschaftshaus in Camposilvano überzeugen. Arthur und Hugo-Daniel Stoffella drückten in ihren Ansprachen aus, wie sehr sie sich über das immer bessere Zusammenleben in Europa freuen. Bürgermeister Massimo Plazzer, der mit Vizebürgermeisterin Ornella Martini die Füssener Almrausch-Trachtler willkommen hieß, zeigte sich erfreut über den Austausch, mittels dessen man sich immer besser kennen lerne. Und betonte als größte Stärke des Laimbachtals dessen Natürlichkeit und Unverfälschtheit: „Wir sind zwar geografisch ein enges Tal, aber mit einem weiten, menschlichen Hintergrund!“ Almrausch-Organisator Richard Dill wies auf die zwar junge, aber bereits sehr intensive Freundschaft zwischen den beiden Vereinen hin und stellte das Ostallgäu in kurzen Zahlen vor.

    Dann präsentierte Almrausch Trachtentänze, die in gemeinsame Tänze zwischen Füssenern und Zimbarn mündeten und in einem fröhlichen, ausgelassenen Abend endeten.

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