Die Bauaktivitäten des Argenhofs sind gewaltig. Vor kurzem ist das Dach der Reithalle, das im Winter aufgrund der Schneelast eingedrückt wurde, repariert worden. Auch sonst wurde in diesem Jahr schon einiges bewegt: Rinder und Ponys haben jetzt einen Offenstall, für die drei Krähen wurde auf einfache Weise eine Voliere errichtet, und auch zwei „Gruppen-Hundehäuser“ sind gebaut, um die insgesamt 40 Hunde aufzuteilen. 2017 ist ein Offenstall für Lamas, Schafe und Ziegen entstanden. Ein Jahr später wurde ins 7000 Quadratmeter große Wildschweingehege investiert. Es bewegt sich was auf der „Arche an der Argen“, auch wenn das Geld nach wie vor knapp ist.
179 Tiere leben auf dem Argenhof: Hunde, Pferde, Katzen, Ziegen, Schafe, Lamas, Rinder, Gänse, Enten, Hühner, Schweine, Wildtiere und andere. Es seien verhaltensauffällige Tiere und solche, die sonst nirgendwo eine Chance erhalten, sowie „Flaschenkinder“, die ihre Mütter verloren haben oder nicht angenommen wurden, erklärt Betriebsleiterin und Gründerin Christiane Rohn. 45 000 bis 50 000 Euro kostet der Unterhalt monatlich. Fast ausschließlich wird er aus Spenden, Tierpatenschaften und Sachspenden finanziert. Zuschüsse gibt es keine. Es ist ein Dauerkampf, erklären Rohn und die stellvertretende Betriebsleiterin Andrea Stern. Die Löhne für die 17 Teil- oder Vollzeitangestellten, die stetig steigenden Futterpreise wegen der Dürre, Tierarztkosten, Hofunterhalt und Renovierungen und neu benötigte Stallungen – das geht ins Geld. Und dennoch fühle sich Christiane Rohn heute wesentlich sicherer als früher.
Zweimal stand der Hof kurz vor dem Aus. 2005 waren es die nie belegten Vorwürfe wegen angeblicher Tiermisshandlung und Spendenunterschlagung, zehn Jahre später existenzielle Gründe, nachdem ein gewichtiger Bürge aus privaten Gründen eine Bürgschaft zurückzog: „In allerletzter Sekunde ist ein weiterer Retter eingesprungen.“
2016 kaufte schließlich der 1999 von Christiane Rohn gegründete Verein „Lebenswürde für Tiere“ den Hof. „Die Schulden sind inzwischen fast getilgt“, freut sich Rohn. Längst, sagt Stern, ginge es auch nicht mehr „nur“ um die „Satt- und Sauber-Pflege“. „Wir haben jetzt mehr Zeit, um mit den Tieren intensiver zu arbeiten.“
Seit sich die Verhältnisse auf dem Argenhof stabilisiert haben, geht es seit 2017 mit den Bauarbeiten voran. Rund 40 000 Euro an Kosten waren es in den vergangenen, zwei, drei Jahren. Ein neuer Hennenstall soll in Bälde kommen. Denn beim alten neigt sich das Dach bedrohlich nach innen. Erfreulich nennt Andrea Stern die Tatsache, dass die Nachfrage nach Hofführungen zugenommen hat – von Schulen, Senioren, Menschen mit Handicap. „Wir haben im Schnitt zwei bis drei Führungen pro Woche. Uns ist es wichtig, da viele mit Nutztieren kaum noch Kontakt haben. Und es geht bei uns schließlich um die Wertigkeit von Tieren.“ Zur Seite stehen den Festangestellten 50 ehrenamtliche Helfer. „Wir haben viel zu tun, damit das Ganze in Bewegung bleibt, aber jeder Tag lohnt sich“, sagt Rohn. Jeder Tag bekomme durch die Arbeit seinen Sinn.
In einem Käfig hüpft Holger, die Wildente. Vor vier Jahren kam er erstmals in den Argenhof, als sein Flügel verletzt war. Vergangenes Jahr flog er weg. Vor ein paar Wochen, kurz nach dem Hochwasser, saß er wieder auf der Koppel – erneut mit verletztem Flügel. Dieses Mal musste er amputiert werden. Sobald seine OP-Wunde verheilt ist, darf er wieder ins Wasser.
Etwas weiter entfernt lebt Kuh Berry im neuen Offenstall, die nach 13 Jahren eigentlich zum Schlachthof sollte und von der Bauerstochter zum Argenhof gebracht wurde. Bei Berry ist ihr Sohn Buddy und dessen bester Freund und Spielgefährte Benji, der ebenfalls von Berry gesäugt wird. Nebenan hat übrigens noch jemand ein Auge auf Berry geworfen. Nämlich ein 26-jähriger Bulle, der 2018 nach dem Tod „seiner“ Lieblingskuh in Trauer verfiel und durch Berry sozusagen wieder zum Leben erwachte. Eine Geschichte hat jedes der 179 Tiere auf dem Argenhof.