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Im Schnitt 15 000 Euro pro Bauernhof

Allgäu

Im Schnitt 15 000 Euro pro Bauernhof

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    Europa wählt
    Europa wählt Foto: kropfma

    Vom 23. bis 26. Mai bestimmen die Bürger der EU, wer künftig im Europäischen Parlament sitzt. Mit der Artikelreihe „Europa wählt“ wollen wir die verschiedensten Aspekte rund um dieses Thema beleuchten. Der heutige Teil beschäftigt sich mit der EU-Förderung für die Landwirtschaft.

    „Als Landwirt dürftest Du nie auf die Europäische Union schimpfen“, sagt Wolfgang Natterer, Abteilungsleiter Förderung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten. Die Behörde ist für den Bereich des Oberallgäus, der Stadt Kempten und des Landkreises Lindau zuständig. Denn Brüssel schüttet viel Geld für die Bauernhöfe aus. 111,6 Milliarden Euro beträgt der EU-Etat. Mit 58,5 Milliarden Euro fließt mehr als die Hälfte davon in die Landwirtschaft. Die Zuschüsse erfolgen zum einen direkt und werden pro Hektar berechnet, zum anderen sind sie an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie etwa die Teilnahme an einem Vertragsnaturschutzprogramm, ans Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) oder den ökologischen Landbau. Ausbezahlt werden alle diese EU-Förderungen übrigens in Bayern durch die jeweiligen Landwirtschaftsämter.

    Im Prinzip setzt sich die EU-Unterstützung der Landwirtschaft aus zwei Säulen zusammen: Säule eins sind nach dem Wegfall der Marktordnungen für Milch, Getreide und Rindfleisch im Jahr 2005 die Direktzahlungen. Einerseits ist das die Betriebsprämie von aktuell 176 Euro pro Hektar. Andererseits die Greening-Prämie von 85 Euro pro Hektar für den Anbau mehrerer Kulturen und das Vorhalten von mehr als 15 Hektar ökologischer Vorrangflächen. Im Jahr 2018 erhielten im Bereich Kempten/Oberallgäu/Lindau 3328 landwirtschaftliche Betriebe über die erste Säule insgesamt 27,3 Millionen Euro ausbezahlt.

    In Säule zwei können die Regionen selbst Schwerpunkte setzen. Dazu zählen in Bayern die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete und Bergregionen und Agrar-Umweltmaßnahmen, wozu ein Beitrag zum Naturschutz oder das Kulap gehört. Kulap ist die Abkürzung für Kulturlandschaftsprogramm und beinhaltet zum Beispiel den Verzicht auf mineralischen Dünger, einen späten Zeitpunkt für das erste Mähen, das Weideverbot für Steilhangwiesen, ein artenreiches Grünland und die Streuobst-Förderung. Das Fördergeld dieser zweiten Säule setzt sich zusammen aus 50 Prozent EU-Mitteln und 50 Prozent Zuschüssen, die sich wiederum Bund und das jeweilige Land aufteilen, im Allgäu also Bayern. Im Bereich des Landwirtschaftsamtes Kempten erhielten vergangenes Jahr aus diesem Topf 3056 Betriebe zusammen 9,2 Millionen Euro.

    „Schwierig macht es nicht die EU, sondern die nationalen Interessen und die regionalen Besonderheiten“, sagt Natterer. Was unterm Strich für den einzelnen Landwirt herauskommt, hängt also von vielen Faktoren ab. Im Schnitt kann man sagen, dass ein Allgäuer Bauer durch die EU-Subventionen etwa 15 000 Euro pro Jahr erhält.

    Eine Beispielrechnung: Ein kleiner Betrieb mit 30 Kühen und 26 Hektar Grünland – wie es viele im Allgäu gibt – bekommt aus Säule eins 6786 Euro, aus Säule zwei 4420 Euro, zusammen also 11206 Euro. Produziert er dann außerdem Heumilch (Verzicht auf Silo-Futter), kommen noch 2600 Euro hinzu. Am Ende erhält der Bauer also 13 806 Euro. Bei einem großen Hof mit 100 Hektar und 120 Kühen kann die EU-Förderung dann schon zwischen 25 000 und 30 000 Euro ausmachen. Die Subventionierung auf Grundlage der Fläche ist übrigens ein Grund für die Forderung von Kritikern, das System zu ändern und stattdessen viel mehr die Art der Bewirtschaftung zu gewichten.

    Und was würde es für die Land- und Alpwirtschaft bedeuten, wenn es gar keine EU gäbe? „Dann hätten wir Zölle wie in der Vergangenheit“, sagt Alfred Enderle aus Wertach, Präsident des Schwäbischen Bauernverbandes. Das würde den Handel massiv erschweren. Auch die Währungsschwankungen, wie früher etwa beim Handel mit Italien, würden ein ernsthaftes Risiko darstellen. „Da hat gerade die Allgäuer Milchwirtschaft in früheren Jahren bittere Erfahrungen gemacht“, sagt Enderle. Ob die Bürokratie ohne EU abnehmen würde, kann der Bauernverbands-Chef nicht beurteilen: „Das eine oder andere wird in Deutschland manchmal zu Unrecht auf die EU geschoben, weil unsere Behörden in der Auslegung auch selber überziehen.“

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