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„Pferde stecken einiges weg“

Füssen

„Pferde stecken einiges weg“

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    Früher hieß es oft, Pferde sollen sich bei einer Kolik auf keinen Fall hinlegen und wälzen. Heute raten Tierärzte dazu, das zuzu
    Früher hieß es oft, Pferde sollen sich bei einer Kolik auf keinen Fall hinlegen und wälzen. Heute raten Tierärzte dazu, das zuzu Foto: Alexandra Decker

    Brauche ich einen Tierarzt und wenn ja, wie schnell? Diese beiden Fragen sind es laut Tierärztin Sonja Bottner, die Tierhalter bei Krankheitsanzeichen oder nach einem Unfall ihres Vierbeiners oft als erstes beschäftigen. Um sie leichter beantworten zu können, lud der Reit- und Fahrverein Füssen die Veterinärin und ihren Kollegen Dr. Hans-Peter Muell zu einem Vortrag mit dem Thema „Erste Hilfe und Krankheiten bei Pferden“ ein.

    Bei einem Unfall gilt laut Bottner der Grundsatz, sich immer zuerst um die beteiligten Menschen zu kümmern. Anschließend muss die Unfallstelle abgesichert, das Pferd beruhigt und bei Bedarf der Tierarzt alarmiert werden. Grundsätzlich gelte, lieber einmal zu oft anrufen – auch mitten in der Nacht.

    Gebraucht werde medizinische Hilfe auf jeden Fall, wenn das Pferd unter anderem apathisch und/oder kalt schwitzig ist sowie eine blaue, trockene Maulschleimhaut hat. Auch Fieber sei ein Alarmsignal, und das beginnt beim Pferd schon ab einer Körpertemperatur von 38,5 Grad problematisch zu werden.

    Ob eine Wunde gefährlich ist, hängt laut Muell von ihrer Tiefe ab. „Ein großer runterhängender Hautlappen kann weniger schlimm sein, als eine kleine Stichwunde, aus der das Blut heraussprudelt“, erklärt der Tierarzt. Vor allem, wenn es sich um eine arterielle Blutung handelt, also helles Blut im Rhythmus des Herzschlags ausströmt. Hier könne bei Pferden schon ein Verlust von drei, vier Litern gefährlich werden. Bei dunklem, venösem Blut seien zehn Liter noch nicht tödlich. Blutende Verletzungen sollten wenn möglich Richtung Herz abgebunden werden. Um durch das Fell zu erkennen, ob nur die obere Hautschicht angerissen ist oder die Wunde tiefer geht und genäht werden muss, rät Muell dazu, die Wundränder etwas auseinanderzuspreizen.

    Ein Thema war für die Vortragsbesucher jetzt im Sommer der Hitzschlag. Hier mache sich der Mensch oft zu viele Gedanken. „Pferde stecken einiges weg. Ein Tier mit ein paar hundert Kilo Körpergewicht braucht schon ein paar Stunden, bis es sich aufheizt“, sagt der Veterinär. Ein Luftzug und ein wenig Schatten reichten den Tieren in der Regel. Problematischer seien stehende Hitze zum Beispiel in einem Transporthänger sowie die Bremsen und Fliegen, die Pferde im Sommer plagen. Auch die Sorgen wegen Kreislaufschwäche oder Überanstrengung relativiert Muell: „Pferde haben ein enorm leistungsfähiges Herz.“ Sie können dessen Schlagfrequenz um das Sechs- bis Siebenfache steigern und die Zahl ihrer Atemzüge auf über 200 pro Minute erhöhen. „Da wären wir schon tot“, sagt Muell.

    Schwieriger werde es für den Kreislauf, wenn das vegetative Nervensystem zum Beispiel bei Infekten oder Koliken überreizt sei. Letztere kommen häufig vor und können für Pferde tödlich sein. „Hier kann man vielem Übel vorbeugen, wenn der Tierarzt rechtzeitig kommt“, sagt Muell. Bis es so weit ist, sollte das Pferd beruhigt werden. Rumführen sei gut, auch weil es das Tier ablenke. Will das Pferd sich aber hinlegen und wälzen, sollte man es gewähren lassen. Denn dadurch lösten sich manche Kolikbeschwerden.

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