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Spritpreise abrufen in Echtzeit

Kempten

Spritpreise abrufen in Echtzeit

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    Spritpreise
    Spritpreise Foto: Martina Diemand

    Ältere Semester erinnern sich vielleicht noch daran: Der Liedermacher Hannes Wader kreierte vor fast fünf Jahrzehnten mit dem Sprechgesang „Der Tankerkönig“ eine neue anarchische Form der Musikdarbietung. Lang ist’s her. Relativ neu dagegen ist die Firma „Tankerkönig“ – ein Start-up mit Büro in der Gründer-Schmiede „Allgäu Digital“ in Kempten. Das kleine Unternehmen bietet eine Software an, die den Nutzern den aktuellen Vergleich von Spritpreisen ermöglicht – einmal pro Minute aktualisiert, also in Echtzeit.

    „Angefangen hat alles mit einer gesetzlichen Änderung. Seit 31. August 2013 müssen Tankstellenbetreiber Preisänderungen ans Bundeskartellamt melden, genauer an die Markttransparenzstelle für Kraftstoff“, sagt Hermann Kurz (57) aus Nesselwang. Als diese Anordnung greift, sehen der Informatiker Kurz, sein Bruder Martin (56 und ebenfalls Informatiker) sowie der App-Entwickler Bruno Bührlen (51) aus Durach ihre Chance. Das Trio registriert sich beim Kartellamt als Verbraucherinformationsdienst, um auf die Benzinpreise zugreifen und sie nutzen zu können.

    „Ich kenne Autofahrer, die nehmen Umwege in Kauf oder fahren extra zu einer besonders billigen Tankstelle, um ein paar Cent zu sparen“, beschreibt Hermann Kurz den Nutzen und erinnert sich an die Aufbruchstimmung und die optimistischen Erwartungen bei Smartphone-Apps. „Einfach eine App bauen und reich werden“, denken sie sich und starten Tankerkönig.

    „Mit dem Reichwerden war es dann erst mal nichts“, sagt sich Hermann Kurz lachend. Im Jahr 2014 überarbeiten sie dann ihre Websitetankerkoenig.deund bringen die ersten Apps für Android, Windows Phone und iOS in die entsprechenden App-Stores. Aber andere, weitaus bekanntere Unternehmen hatten schon erfolgreiche Sprit-Apps auf dem Markt. „Die sammelten ihre Daten bislang, indem die Nutzer der Apps oder die Tankstellenbesitzer die Benzin-Preise an die App meldeten“, beschreibt Kurz das umständliche und nicht ganz zuverlässige Verfahren. „Wir hatten dagegen saubere Rohdaten.“

    Tankerkönig hatte inzwischen eine eigene Schnittstelle für die Daten des Bundeskartellamts entwickelt, um sie ursprünglich in den eigenen Apps zu nutzen. Die Schnittstelle geben sie nun kurzerhand kostenlos als Open Data für andere App-Anbieter frei. Wer also wissen möchte, wie gerade die Benzin- und Dieselpreise an den Tankstellen in seiner Stadt sind, kann sich im Internet beitankerkoenig.deregistrieren lassen und hat dann Zugriff auf die Daten. Kostenlos. Das gilt auch für Forschung und Lehre. Wenn also zum Beispiel Studenten eine Master- oder Doktorarbeit über das Fahr- und Tankverhalten von Verkehrsteilnehmern erstellen, können sie die Daten von Tankerkönig umsonst nutzen. Es sind auch historische Auswertungen über Daten von früher möglich oder vorausblickende Hochrechnungen.

    Aber wie finanziert sich dann die Firma, die sich 2019 als haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft „Tankerkönig UG“ hat eintragen lassen? „Wir bereiten für kommerzielle Nutzer die Daten ganz nach ihren Wünschen auf“, sagt Hermann Kurz: Etwa wie sich der Sprit-Markt bewegt – auch heruntergebrochen auf einzelne Regionen. Und dafür zahlen die Kunden, zu denen große Automobil-Konzerne, Tankstellen-Ketten, Öl-Multis oder Automobil-Clubs gehören, eine monatliche Gebühr.

    Seit eineinhalb Jahren hat Tankerkönig einen Arbeitsplatz bei Allgäu Digital in der Kemptener Keselstraße. Hermann Kurz ist dort einen Tag in der Woche und schätzt den Austausch mit anderen Start-ups. Denn bisher betreibt das Trio die Tankerkönig-Plattform noch mehr oder weniger als Hobby und kann von den geschäftlichen Erfahrungen anderer Gründer profitieren. Im Hauptberuf sind die Kurz-Brüder bei IT-Firmen in München und Stuttgart beschäftigt, Bruno Bührlein ist freiberuflicher Techniker.

    Und wann und wo tanken dann die Tankerkönige selber? „Ich schau mir vorher die Spritpreise rund um Nesselwang an“, sagt Hermann Kurz. Er tankt nie morgens, denn dann seien die Preise am höchsten. Auch mittags ziehen sie wieder an. Abends ist es meist günstiger. Manche Tankstellen ändern zwölfmal am Tag die Benzin- und Dieselpreise. Da lohne dann durchaus der Blick auftankerkoenig.de. Denn das Portal werde automatisch jede Minute einmal aktualisiert.

    Zurück zu Hannes Wader. Sein bekanntestes Lied heißt „Heute hier, morgen dort“.Das könnte auch das Motto der Nutzer vontankerkoenig.desein: Heute hier, morgen dort tanken: Wo es eben gerade am billigsten ist.

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