Rund drei Jahre lang wurde das Welfenmünster Steingaden renoviert, 20 Monate lang war es sogar komplett geschlossen. Passend zum Kirchweihfest gab nun Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger dem neuen Altar und Ambo die kirchliche Weihe und setzte damit das Gotteshaus wieder in seine Bedeutsamkeit ein.
Unter dem mächtigen Gesang der Erdwärtsmesse von Peter Jan Marthé „Kommt singt dem Herrn“, begleitet von Orgel- und Bläserklang zogen die 55 Ministranten und zehn Geistlichen in die mit rund 800 Mitfeiernden dicht gefüllte Kirche ein. Gemeinsam mit dem Ortsgeistlichen Pater Petrus-Adrian begrüßten Kirchenpflegerin Johanna Schnitzler und Pfarrgemeinderatsvorsitzende Johanna Wilhelm viele Ehrengäste aus Kultur und Politik, darunter Landrätin Andrea Jochner-Weiß, sowie viele Handwerker, die an der äußerst gelungenen Restaurierung mitgearbeitet hatten.
Mit eindrucksvollen Ritualen setzte Weihbischof Losinger im weiteren Verlauf die liturgischen Orte wieder in ihre Bestimmung ein. Mit neu geweihtem Wasser besprengte er die versammelten Menschen als die „lebendigen Steine der Kirche“. Zum Auftakt des Wortgottesdienstes bekam der Ambo die Weihe, wonach Lektor Martin Sieber die Heilige Schrift aus der Hand des Bischofs erhielt und erstmals von dem neu geschaffenen Lesepult aus Worte der Bibel verlas. „Höre, höre, Gottes Wort nimmt Wohnung unter uns“ hatte zuvor der Chor intoniert und die Gemeinde zu wachsamer Aufmerksamkeit aufgefordert. Diese war auch spürbar als Losinger in seiner Predigt das Thema Beheimatung aufgriff. Ausgehend von der Bedeutung des Tempels für das Volk Israel rief er die Gläubigen auf, das Welfenmünster mit dem neuen Altar als Heimat zu erkennen, wo das Leben tieferen Sinn erhält. „Wir haben in unserer Zeit dem Leben viele Jahre hinzugefügt“, resümierte der Bischof, „aber fügen wir den Jahren auch Leben hinzu?“ Es gelte, eine Verwurzelung zu finden und zu pflegen, die auch in schwierigen Lebenssituationen trägt. Der Glaube biete diesen Halt und deshalb wäre es eine Freude, wenn viele den vom Rundfunk bekannten Spruch in der nun wieder eröffneten Kirche ehrlichen Herzens aussprechen würden: „Ich bin der Sepp, die Magdalena, der Rudi … – und do bin i dahoam!“ Den zahlreichen Kindern und Jugendlichen, die den Gottesdienst mitfeierten, versprach der Bischof, dass die Kirche stets offen sei für sie.
Was der Predigt folgte, ist für eine Gemeinde nur selten zu erleben und voll tiefer Symbolkraft. Da wurden zunächst Reliquien von vier heiligen Prämonstratensern in eine „Grabnische“ im Altar eingesetzt und vom Steinmetz Johannes Klein mit einer Platte eingemauert. Dies war die letzte Aufgabe des einheimischen Künstlers an seinem imponierenden Werk, das er aus Kalkstein aus der Nähe von Premontre, dem Gründungsort des Prämonstratenserordens, geschaffen hat. Danach salbte der Bischof die Altarplatte mit Chrisamöl, wie es auch bei einer Taufe verwendet wird, und setzte an den vier Ecken Weihrauch in Brand. Die Gebete der feiernden Gemeinde sollen aufsteigen zu Gott wie die Schwaden von Weihrauch, so der Gedanke hinter diesem Symbol. Mit „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ antwortete der hundertköpfige Projektchor unter der Leitung von Caspar Berlinger auf diese Weihehandlung. Vom Bläserensemble der Pfarrei und gleich auf zwei Orgeln – gespielt von Anton Guggemos aus Wildsteig und Edi Heisserer – wurden die Gesänge begleitet. Zwei Tage vor der Altarweihe hatte nämlich Pater Petrus-Adrian die ebenfalls neue Chororgel geweiht. Auch dieses Werk ist in der Pfarreiengemeinschaft geschaffen worden: Orgelbaumeister Edi Heisserer aus Prem hat das Instrument wunderbar in den Chorraum des Welfenmünsters eingefügt.
So konnte nun erstmals Eucharistie gefeiert werden im über 850 Jahre alten Welfenmünster, das in völlig neuem Glanz erstrahlt. Die Freude darüber wurde nicht nur mit der festlichen Liturgie begangen. Beim Pfarrfest wurde später in gemütlichem Rahmen weiter gefeiert.
In den kommenden Wochen sind viele weitere Festlichkeiten geplant, wie das Kirchenkonzert der Musikkapelle und ein nach über zweihundert Jahren erstmals wieder am Ursprungsort erklingendes Requiem des letzten Steingadener Abts Gilbert Michl. Bis zum Christkönigsfest dauert das Festprogramm unter dem Motto „Steingaden lädt ein – glanzvolles Welfenmünster“, das unterwww.steingaden.deabgerufen werden kann.