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Verhindert Gutachten Abschiebung?

Kempten

Verhindert Gutachten Abschiebung?

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    Der Afghane Gulbaddi, Sajavi
    Der Afghane Gulbaddi, Sajavi Foto: Gulbaddi

    Gulbaddi Sajavi soll in den Flieger nach Kabul steigen. Es sei denn, das Innenministerium stoppt die Abschiebung – und kommt damit auch der Bitte der evangelischen Landeskirche und von Landtagsvizepräsident Alexander Hold um Abschiebeschutz nach. Der 25-jährige Sajavi ist laut Betreuerin Marlies Stubenrauch 2015 mit Freunden aus Afghanistan geflohen. Dort hatte er gegen die Taliban gekämpft, sei entführt und gefoltert worden. Die Brandnarben seien heute noch sichtbar, bestätigt eine betreuende Ärztin. In einer Unterkunft im Freudental habe sich der Geflüchtete zurückgezogen, kaum gesprochen, sich unter der Bettdecke verkrochen. Irgendwann sei den Helfern, die weit über 100 Bewohner zu betreuen haben, aufgefallen, dass mit dem Mann etwas nicht stimmt. Die Ärztin für Psychosomatik hat bei Sajavi eine schwere posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert. Der junge Mann weise zudem eine erhebliche Intelligenzminderung mit völligem sozialen Rückzug auf, heißt es in einem Gutachten. Er sei nicht nur alltagsuntauglich, sondern auf dem Entwicklungsstand eines Zehnjährigen. Müsse Sajavi nach Kabul zurück, könne er kaum überleben. In Kempten habe er nicht nur eine Arbeit als Küchenhilfe, sondern zudem Hilfe von seinen Freunden.

    Diese Argumente bringt auch Rechtsanwältin Myrsini Laaser ins Spiel, die den Afghanen vertritt. Denn Sajavi soll das Land verlassen, weil sein Antrag auf Asyl vom Bamf und Gericht abgelehnt wurde (eine abschließende Verhandlung ist für September angesetzt). Infrage gestellt wird in der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Augsburg, ob das „traumatisierte Ereignis“ als Auslöser für die PTBS überhaupt stattgefunden habe. Das Gericht erkannte zwar eine Depression, jedoch keine Fremd- oder Eigengefährdung an.

    Laaser kann deshalb nicht ausschließlich auf die Gesetzeslage zum „Abschiebeschutz aus gesundheitlichen Gründen“ setzen. Danach gilt Krankheit zwar als Hindernis für eine Ausweisung, PTBS jedoch sei keine „schwerwiegende Erkrankung“. Laaser beruft sich auf humanitäre Gründe gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention.

    Dem schließt sich der bayerische Flüchtlingsrat an. Wer sich für christlich halte, dürfe niemanden einem menschenunwürdigen Leben aussetzen, sagt Sprecher Stephan Dünnwald mit Blick auf Bayerns CSU-Innenminister Herrmann. Aus dessen Ministerium heißt es, dass die Einwände gegen die Rückführung des Afghanen aktuell geprüft würden. Das sei noch nicht abgeschlossen. Der asylpolitische Sprecher der Freien Wähler Hold verweist auf einen vergleichbaren Fall in Würzburg. Dort hat das Gericht die Abschiebung eines geistig beeinträchtigten Afghanen gestoppt. (be)

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