Ein solches Lob unter Kollegen ist selten. Erst recht nach zwei so bitteren Heimniederlagen wie sie Ken Latta und seine Blue Devils Weiden gegen den EV Füssen einstecken mussten. Das hielt den Deutsch-Kanadier hinter der Bande der Oberpfälzer aber nicht davon ab, mit Anerkennung für sein Gegenüber zu sparen: „Glückwunsch an Andi und sein Team, für mich ist er klar der Trainer des Jahres“, sagte Latta bei einer Pressekonferenz in Richtung EVF-Coach Andreas Becherer. Und das kam nicht von ungefähr: Kaum jemand in der Szene hätte damit gerechnet, wie souverän sich der Eishockey-Oberligist als Aufsteiger für die Play-offs qualifizierte. Vier Spieltage vor Ende der Meisterrunde haben die Schwarz-Gelben nun auch rechnerisch die letzten Zweifel ausgeräumt. Grund genug, einmal nachzufragen bei Andreas Becherer, wie er selbst seinen Anteil am Erfolg sieht und was für Chancen er sich in den Aufstiegsspielen ausrechnet.
Herr Becherer, Sie werden als beste Trainer der Saison bezeichnet, Fans feiern sie für ihre mutigen Entscheidungen während der Spiele. Wie viel Anteil am Erfolg des EV Füssen haben Sie selbst?
Andreas Becherer(lacht und überlegt lange). Keine Ahnung. Ich will betonen, dass hinter dem jetzigen Erfolg nicht allein der Trainer steckt, sondern auch das Team drum herum. Ich habe mit Sicherheit meinen Anteil daran, bin aber nur eine Person von vielen. Ohne Umfeld, ohne Mannschaft, die das alles miteinander umsetzt, könnte ich nicht viel ausrichten. Letztlich ist es aber schon so, dass ich die finale Entscheidung treffe und den Kopf dafür hinhalten muss.
Voraussichtlich wird es Ihr Team mit Herne oder Hamburg zu tun bekommen, wer wäre Ihnen denn lieber?
Einen Lieblingsgegner gibt es nicht. Wer in einer Saison am Ende auf Platz zwei oder drei steht so wie Herne und Hamburg, der muss vieles richtig gemacht haben. Und in den verbleibenden Spielen wird die Frage nach dem möglichen Gegner für die Mannschaft ohnehin keine große Rolle spielen. Denn wir wollen Peiting auf Rang sechs noch einholen und uns die bestmögliche Ausgangssituation erarbeiten.
Ganz ehrlich: Hätten Sie vor der Saison daran geglaubt, vier Spieltage vor Schluss in den Play-offs zu stehen?
Das vielleicht nicht. Aber intern hatten wir uns gemeinsam mit der Mannschaft schon im August auf die Zielsetzung Play-offs geeinigt. Das blieb aber bewusst geheim, weil sonst hätten uns in der Öffentlichkeit viele vermutlich belächelt und für blöd gehalten. Ich muss aber schon zugeben: Dass es so gut und ohne längere Durststrecke läuft, hätte ich auch nicht geglaubt. Ich dachte, es wird knapper.
Ziel erreicht! Damit könnte es der EVF doch nun beruhigt angehen, oder?
Von wegen! Wir treten nicht an, um in der ersten Runde rauszufliegen. Wir wollen ganz klar weiterkommen – und so lange mitspielen wie möglich. Dafür brauchen wir aber gerade in der Arena, wo alle Play-off-Spiele stattfinden, die Unterstützung des Publikums. Da muss die Hütte brennen. Es soll für Mannschaft und Publikum gleichermaßen das Highlight des Jahres sein.
Viele Ihrer Spieler können aber an diesem Höhepunkt verletzungsbedingt nicht mehr mitwirken.
Das stimmt. Für Manfred Eichberger und Martin Guth ist die Spielzeit leider ebenso zu Ende wie für Marius Klein und Marius Keller, was ja schon länger bekannt war. Bei Florian Simon entscheidet es sich von Woche zu Woche, ob er nochmals eingreifen kann. Vorsichtige Entwarnung gibt es dagegen bei Max Dropmann. Auch Quirin Stocker wird rechtzeitig zu den Play-offs wieder dabei sein.
Wie sehr hemmt das die Ambitionen?
Gar nicht so. Die Mannschaft hat gegen Rosenheim gezeigt, dass sie auch mit drei Reihen und unabhängig von Einzelspielern gute Chancen hat. Generell macht uns die Ausgeglichenheit des Kaders sehr schwer ausrechenbar für den Gegner.
Werfen wir den Blick etwas weiter voraus: Sie haben für die neue Spielzeit bereits einen Vertrag unterzeichnet. Es heißt, das zweite Jahr sei für einen Aufsteiger immer das schwerste...
Die kommende Saison wird hart. Zum einen wegen der verschobenen Erwartungshaltung von Umfeld und Fans, die hoffen natürlich darauf, dass wir den jetzigen Erfolg wiederholen können. Diesen Anspruch haben wir ein stückweit natürlich auch an uns selbst. Zum anderen werden wir künftig nicht mehr als Underdog ins Rennen gehen, was uns bislang schon einen gewissen Vorteil verschafft hat. Es finden deshalb bereits jetzt schon Gespräche statt, mit ein paar Spielern sind wir auch schon ziemlich weit. Wir versuchen aber, das alles so geräuscharm wie möglich abzuwickeln. Die Mannschaft soll sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, also auf die Play-offs.