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Kaufbeuren
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1200 Kaufbeurer demonstrieren lautstark für Demokratie und gegen Rechtsruck

„Wir sind die Brandmauer“

1200 Menschen bei Demo gegen Rechtsruck am Samstag in Kaufbeuren

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    1200 Menschen zogen am Samstagnachmittag friedlich durch Kaufbeuren. Sie wollten sich für eine bunte, demokratische Gesellschaft ohne Hass und Hetze einsetzen.
    1200 Menschen zogen am Samstagnachmittag friedlich durch Kaufbeuren. Sie wollten sich für eine bunte, demokratische Gesellschaft ohne Hass und Hetze einsetzen. Foto: Mathias Wild

    „Deutschland den Menschen, AfD raus“ skandierten viele der Demonstrantinnen und Demonstranten gemeinsam, während sie an diesem Samstagnachmittag durch die Kaufbeurer Altstadt zogen. Begleitet wurde der Zug von den rhythmischen Trommeln der Samba-Gruppe Canavial.

    Viele hatten Schilder dabei, darauf Slogans wie „Lieber solidarisch als solide arisch“, „Nazis hatten wir schon – war großer Mist“, „Alle sind Ausländer. Fast überall“ oder „AfD: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Oma“. Zu sehen war auch eine Katze in Regenbogenfarben mit dem Schriftzug „Katzis statt Nazis“. Aufgerufen hatten dazu die Initiative „Omas gegen Rechts“ und das „Bündnis gegen Rechtsextremismus Kaufbeuren“.

    Eine von deutschlandweit etwa 100 Veranstaltungen

    Rund 1200 Menschen hatten sich nach Angaben der Polizei zu der Demonstration am Tag vor der Bundestagswahl versammelt. Es war eine von deutschlandweit etwa 100 ähnlichen Veranstaltungen, die unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“ noch einmal eindringlich vor einem Rechtsruck in der deutschen Politik und Gesellschaft warnen und zur Wahl demokratischer Parteien aufrufen wollten.

    Ab 13.30 Uhr füllte sich der Berliner Platz mit Demonstrierenden aus Kaufbeuren und dem Umland. Mit Bannern und Plakaten ausgestattet, machten sie deutlich, wofür sie stehen: für Vielfalt, Demokratie und ein friedliches Miteinander. Um 14 Uhr setzte sich der Demo-Zug in Bewegung. Die Route führte vom Berliner Platz durch die Innenstadt bis in die Kaiser-Max-Straße vor das Rathaus. Aufgrund des Anschlags auf eine Verdi-Demonstration in München war die ursprünglich geplante Route in Abstimmung mit der Polizei geändert worden, um die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten. „Wir wollten eine möglichst sichere Veranstaltung ermöglichen“, erklärte Monika Schmauch von den „Omas gegen Rechts“.

    Sicherheit im Fokus

    Die Polizei war mit erhöhter Präsenz vor Ort. Die Demonstration verlief ruhig und ohne Zwischenfälle. „Unsere Einsatzkräfte waren gut vorbereitet, und wir standen in engem Austausch mit den Veranstaltern“, sagte Markus Holste von der Polizeiinspektion Kaufbeuren.

    Gegen 15 Uhr erreichte der Demonstrationszug die Kaiser-Max-Straße vor dem Rathaus, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Dort sprach unter anderem Wolfgang Neumayer, Vorsitzender der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren. „Es ist nicht die Zeit, sich zurückzuziehen und daheim auf dem Sofa zu bleiben – angesichts der grässlichen Weltlage“, sagte er. Die Lebenshilfe setze sich seit 60 Jahren für Menschen mit Beeinträchtigungen ein.

    „Das Schlimmste, was passieren kann, ist ein System, in dem nur noch das Recht des Stärkeren regiert.“

    Wolfgang Neumayer, Vorsitzender der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren

    „Das Schlimmste, was einer Gesellschaft passieren kann, ist ein politisches System der Willkür, in dem nur noch das Recht des Stärkeren regiert.“ Ohne das Beispiel Donald Trump beim Namen zu nennen, zeichnete Neumayer in seiner Rede ein dystopisches Bild einer Gesellschaft, in der nur noch das zählt, was ein egozentrisches Oberhaupt für richtig hält. Er appellierte an alle, sich vor Augen zu führen, dass elementare Bestandteile einer Demokratie – Fairness und Gerechtigkeit – dann nicht mehr existieren würden.

    „Trotzdem gibt es offenbar Menschen, die sich von einem solchen System Vorteile versprechen.“ Neumayer warnte vor derartigen Hoffnungen: „Über kurz oder lang käme dann jeder unter die Räder.“ Der Angriff auf die freiheitliche Gesellschaft laufe auf Hochtouren – auch in Deutschland. „Deshalb: geben Sie Ihre Stimme morgen einer demokratischen Partei“, appellierte der Lebenshilfe-Chef. Weitere Reden hielten Joschka Ebel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und Prof. Michael von Cranach. Letzterer war von 1980 bis 2006 leitender ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses (BKH) Kaufbeuren. Er hat sich intensiv mit der Aufklärung und wissenschaftlichen Aufarbeitung der „Euthanasie“ Krankenmorde während der NS-Zeit beschäftigt.

    Demo Omas gegen Rechts 1200 Menschen ziehen einen Tag vor der Bundestagswahl friedlich durch Kaufbeuren und forderne eine bunte, demokratische Gesellschaft ohne Hass und Hetze.
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    Bunt und laut ziehen 1200 Demonstrationsteilnehmer gegen rechtsradikale Parolen durch die Altstadt Kaufbeurens.

    SPD-Stadträtin Catrin Riedl dankte den rund 1200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern dafür, dass sie nicht dem Aufruf gefolgt seien, der Demonstration fernzubleiben. Damit spielte sie auf ihren Stadtratskollegen Dr. Thomas Jahn von der „Werteunion“ an, der die Organisatoren aufgefordert hatte, die Demo nach dem Anschlag in München abzusagen. Applaus gab es für das Ordnungsamt der Stadt Kaufbeuren und die Polizei. „Ohne Euch könnten wir unser Demonstrationsrecht nicht ausüben. Daran sollten wir uns alle immer wieder erinnern“, sagte Riedl.

    Veranstaltung „aus polizeilicher Sicht total unauffällig“

    Wie Holste am Ende der Veranstaltung sagte, sei der Nachmittag ruhig und „aus polizeilicher Sicht total unauffällig“ verlaufen. Auch Schmauch und die „Omas“ waren zufrieden: „Nach den jüngsten Ereignissen hätte ich eher mit 400 bis 500 Demonstranten gerechnet. Zwar sind es keine 2000 wie vor einem Jahr geworden, trotzdem freue ich mich sehr, dass doch so viele gekommen sind.“ Wichtig sei ihr auch gewesen, „den Leuten ein Gefühl der Sicherheit zu geben“. Das sei in Kooperation mit der Polizei hervorragend gelungen.

    Vor der Wahl: bundesweit Proteste gegen Rechtsextremismus

    Die Demonstration in Kaufbeuren reiht sich ein in eine Serie von bundesweiten Protesten gegen Rechtsextremismus. In den Wochen vor der Bundestagswahl gingen in zahlreichen Städten Hunderttausende Menschen auf die Straße, um ein Zeichen für Demokratie und Vielfalt zu setzen.

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