Erneut musste die Feuerwehr Kaufbeuren 2024 öfter ausrücken als im Vorjahr. Mit insgesamt 594 Einsätzen verzeichneten die ehrenamtlichen Helfer eine neue Rekordzahl. „Das sind 50 Einsätze mehr als 2023, was einem Anstieg von sieben Prozent entspricht“, resümiert Feuerwehrkommandant und Stadtbrandrat Christian Martin.
Mehr als nur Brände löschen
Die Einsatzzahlen zeigen deutlich, dass die Feuerwehr weit mehr Aufgaben hat als den reinen Brandschutz. Die Statistik für 2024 umfasst 177 Brände, 284 technische Hilfeleistungen, 20 ABC-Einsätze (gefährliche Stoffe), 69 Sicherheitswachen und 44 sonstige Tätigkeiten. „Im Schnitt werden wir alle 15 Stunden alarmiert, also fast zweimal am Tag – Tendenz steigend“, so Martin. Der stetige Anstieg der technischen Hilfeleistungen hängte mit der demografischen Entwicklung zusammen. „Kaufbeuren wird älter“, erklärt Martin. Immer häufiger werden Notfalltüröffnungen oder Unterstützung für den Rettungsdienst benötigt, etwa mit der Drehleiter, wenn alleinstehende Senioren in schwer zugänglichen Wohnungen Hilfe brauchen.
Wachsende Belastung für Ehrenamtliche
Mit der steigenden Zahl an Einsätzen nimmt auch die Belastung der Feuerwehrleute zu. In Kaufbeuren sind alle Einsatzkräfte zu 100 Prozent ehrenamtlich tätig. Stadtbrandinspektor Stefan Ostenrieder betont: „Das vergessen viele. Das Anspruchsdenken in der Bevölkerung steigt.“ Besonders in Großstädten sei dies stark zu spüren, doch auch in Kaufbeuren sei die Erwartungshaltung der Menschen hoch. In Deutschland sind rund 95 Prozent der Feuerwehrleute ehrenamtlich aktiv.
Trotz der steigenden Anforderungen gibt es eine erfreuliche Entwicklung: Die Zahl der aktiven Mitglieder im Stadtfeuerwehrverband Kaufbeuren ist leicht gestiegen – auf aktuell 273 (Vorjahr: 262). Dennoch sieht Ostenrieder noch Potenzial: „Eigentlich sollte ein Prozent der Bevölkerung bei der Feuerwehr sein. Wenn man davon ausgeht, bräuchten wir mindestens 100 Einsatzkräfte mehr.“ Die Einwohnerzahl Kaufbeurens betrug zum Jahresende 48.155.
Mehr Frauen und Nachwuchs erwünscht
Martin würde sich zudem über mehr weibliche Einsatzkräfte freuen: Derzeit sind 23 Frauen aktiv. Um für kontinuierlichen Nachwuchs zu sorgen, investiert die Feuerwehr stark in die Jugendarbeit. „Wir sind die einzige kreisfreie Stadt in Bayern, die an jedem Standort eine Kinderfeuerwehr hat“, ist Martin stolz. Aktuell sind dort 94 Mädchen und Jungen aktiv, die später in die Jugendfeuerwehr und danach in den regulären Einsatzdienst wechseln sollen.
Auch die Ausbildung werde stetig weiterentwickelt: 112 Feuerwehrleute durchliefen 2024 einen Simulator, in dem Einsatzfahrten mit Löschfahrzeugen trainiert werden. Eine Großübung am Fliegerhorst mit einem Brandübungscontainer des Bayerischen Innenministeriums ermöglichte Atemschutzgeräteträgern realistische Trainingsbedingungen mit Temperaturen bis zu 700 Grad. Neu ist zudem das Training mit Virtual-Reality-Technologie, das realitätsnahe Einsatzszenarien wie Gefahrgutunfälle oder Zimmerbrände simuliert.

Die steigenden Einsatzzahlen verdeutlichen, dass an der Sicherheit nicht gespart werden dürfe. Die Stadt Kaufbeuren beauftragte Ende 2022 ein Ingenieurbüro mit einem Feuerwehrbedarfsplan. Die Ergebnisse wurden 2024 dem Stadtrat vorgestellt. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir eine zusätzliche Wache brauchen. Optimal wäre ein Standort an der Moosmangstraße nahe der B12“, so Martin. Der Bedarfsplan wird fortgeschrieben und alle fünf Jahre überprüft. „Schließlich kosten die Investitionen jeden Bürger Geld. Aber Sicherheit duldet keine Kompromisse“, betont Martin. Dass neue Fahrzeuge dringend benötigt werden und nicht nur „Spielzeug für große Jungs“ sind, unterstreicht der Stadtbrandrat mit Blick auf die Großereignisse des vergangenen Jahres.

Besonders der Brand eines Spänebunkers bei den Wertachtal-Werkstätten sowie ein schwerer Unfall am Reifträgerweg forderten die Einsatzkräfte. Auch bei einem Kellerbrand in einem Mehrfamilienhaus, einem Salzsäureunfall, bei dem der neue Gefahrgutwagen erstmals genutzt wurde, sowie beim Brand eines Industrielabors, das Akkus testet, waren zahlreiche Brandschützer vor Ort. Spektakulär war auch die Rettung eines Hundes, der in einen Kanal gestürzt war.
„Unwetterbedingte Einsatzlagen werden wir künftig wohl leider noch häufiger sehen – schuld ist der Klimawandel.“
Stefan Ostenrieder, Stadtbrandinspektor in Kaufbeuren
Hinzu kamen zahlreiche Unwettereinsätze Anfang Juni. „Solche Einsatzlagen werden wir künftig wohl leider noch häufiger sehen – schuld ist der Klimawandel“, sagt Ostenrieder. Hochwasser, Überschwemmungen und andere Naturgefahren nehmen laut Experten durch die Klimaerwärmung weiter zu.
Ein Highlight in diesem Jahr ist der Tag der offenen Tür in der Hauptfeuerwache an der Neugablonzer Straße am 24. Mai. Dabei werden gleich vier neue Einsatzfahrzeuge gesegnet. „Vier auf einmal, das gab es noch nie“, freut sich Ostenrieder. Besonders stolz sind die Verantwortlichen auf den neuen Kommandowagen, der den 30 Jahre alten Vorgänger ersetzt. Auch das Fahrzeugdesign wurde modernisiert.
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