An die Opfer von Krieg und Gewalt wurde am Wochenende wieder bei zahlreichen Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag in Stadt und Land erinnert. Die zentrale Veranstaltung in Kaufbeuren fand am Sonntag am Mahnmal im Fichtenweg in Neugablonz statt. Dabei riefen die Redner, Oberbürgermeister Stefan Bosse und Oberst Thorsten Milewski, der Kommandeur des hiesigen Bundeswehr-Standorts, dazu auf, den Blick nicht nur in die Vergangenheit zu richten, sondern auch aktuellen Bedrohungen für Freiheit und Demokratie entgegenzuwirken.
Dass neben zahlreichen Soldaten und Reservisten nur eine überschaubare Zahl an sonstigen Teilnehmern zur Gedenkveranstaltung gekommen war, bringe „der Lauf der Zeit“ mit sich, sagte Bosse. Die Menschen, die noch persönliche Bezüge zu den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs haben, würden immer weniger. Dennoch fühlten sich viele „dem Gedenken verpflichtet“, was das große Interesse an anderen Gedenktagen und -aktivitäten für die Opfer der NS-Unrechtsherrschaft zeige.
Beim Volkstrauertag in Kaufbeuren äußert sich Oberbürgermeister Stefan Bosse besorgt
So gebe es viele, die „die Augen nicht vor der Geschichte verschließen“ und die „Frage nach dem Warum“ stellten. Doch es gehe nicht nur darum, zu analysieren, warum beim Aufstieg des Hitler-Regimes die „Schutzbarrieren versagt“ haben, sondern auch zu fragen: „Wie ist die Situation heute?“, betonte der Kaufbeurer Oberbürgermeister. „Von meinem Gefühl her hat das vergangene Jahr hier Veränderungen gebracht, die uns zwingen, noch wachsamer zu sein“, sagte er. Ausgrenzung, verbale Gewalt und die Ablehnung von Verfassungsorganen „sind auf einmal für einen Teil gesellschaftsfähig geworden in Deutschland“. Hinzu kämen die Tendenzen in vielen Ländern hin zu mehr Nationalismus und nicht zuletzt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Gerade Letzterer lehre, dass es notwendig sein könne, Freiheit und Demokratie auch ganz konkret zu verteidigen. Deutschland und seine Armee sollten deshalb „bereit sein, zu kämpfen, um niemals kämpfen zu müssen“.
Oberst Milewski eröffnete seine Ansprache mit beim Volkstrauertag eher ungewöhnlichen Textpassagen: Er zitierte die Punkband Die Ärzte und deren Lied „Demokratie“. Denn egal, wie man es ausdrücke, diese sei „das Herzstück einer freien Gesellschaft“. Demokratie lebe vom Mitwirken jedes Einzelnen und müsse - auch in Uniform - „jeden Tag neu erkämpft“ und verteidigt werden gegen Populismus, Rechtsextremismus und viele weitere Gefahren.
Nach einem ökumenischen Friedensgebet, das Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen in Kaufbeuren gestalteten, folgte das Totengedenken mit dem von der Musikvereinigung Neugablonz gespielten „Lied vom guten Kameraden“ und drei Salutschüssen. Anschließend wurden Kränze der Stadt, der Bundeswehr und weiterer Organisationen am Mahnmal niedergelegt.
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