Was hat es mit dem überdimensionalen Stuhl auf sich, der seit einigen Wochen im Stadtpark Kempten steht? Er geht auf eine Initiative des Münchner Kabarettisten und Autors Christian Springer zurück. Der reiste nun aus der Landeshauptstadt an, um seine Ideen zu erläutern. Wie berichtet erinnert die Installation mit dem Titel „Alles rief Heil“ an den Hitlerputsch vor 101 Jahren, bei dem die Nazis die Demokratie abschaffen und eine Diktatur errichten wollten. Springer erzählte fast eine Stunde lang bei eisigen Temperaturen davon. Rechtsextremisten und speziell die AfD stellten eine ähnliche Gefahr dar wie seinerzeit die Nazis, erklärte der 59-Jährige. Fast 100 Menschen hörten der ernsten Rede mit satirisch-humorvollen Zuspitzungen zu.
„Wir wollen mehr, als nur daran erinnern, was sich vor 101 Jahren ereignete“, sagte Springer. Die Menschen sollen auch aus der Geschichte lernen, gerade in Zeiten wie heute, in denen die Demokratie wieder verächtlich gemacht werde. Er findet es gut, dass der Stuhl mit seinen Infotafeln an einem viel begangenen Weg in der Stadtmitte Kemptens stehe. Zugleich kündigte er an, Schulklassen in Kempten besuchen zu wollen, um mit ihnen über die Gefahren für die Demokratie zu diskutieren. „Die junge Generation muss nämlich auslöffeln, was wir ihnen an Problemen hinterlassen.“
Springer wies auch darauf hin, dass sich die rechtsextremen Nazis vor 100 Jahren Zeit gelassen hätten, um Politik und Gesellschaft zu infiltrieren, Propaganda wirken zu lassen und die demokratischen Institutionen verächtlich zu machen. „Die Nazizeit hat nicht erst 1933 angefangen.“ Heute müssten die Menschen wachsam sein, dass dies nicht wieder passiere. Die AfD bezeichnete er als Gefahr. Auch die umstrittene Rede des Freie-Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger im Sommer 2023 in Erding kritisierte er.
Der Stuhl im Stadtpark Kempten sorge für viel Aufmerksamkeit, sagt Bürgermeisterin Groll
Am Ende erhielt Christian Springer von den Zuhörenden für seine einstündige Staatsbürgerkunde großen Applaus. Die meisten harrten trotz der Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt bis zum Schluss aus. Bei der Begrüßung hatte die Dritte Bürgermeisterin Erna-Kathrein Groll berichtet, dass der Stuhl für viel Aufmerksamkeit sorge. Sie beobachte immer wieder Menschen, die stehen bleiben, um sich die Informationen zum Hitlerputsch 1923 durchzulesen. „Wir sind stolz, dass die Installation hier steht“, sagte sie. Das Mahnmal wolle keine Wunden aufreißen, betonte Groll, sondern zum Lernen animieren.
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