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Kempten: Schulden für viele Menschen ein Problem - Beraterin gibt Tipps gegen Verschuldung

Inflation

Mehr Menschen im Allgäu sind verschuldet - eine Beraterin gibt Tipps

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    Immer mehr Menschen kommen seit November zur Schuldnerberatung zu Christiane Norff und dem Team der Diakonie Allgäu.
    Immer mehr Menschen kommen seit November zur Schuldnerberatung zu Christiane Norff und dem Team der Diakonie Allgäu. Foto: Joern Lorenz/Jonas Walzberg, dpa

    Eine neue Waschmaschine, eine wichtige Autoreparatur, Ausstattung fürs nächste Schuljahr: Größere Ausgaben werden für viele Menschen angesichts der immer noch hohen Inflation zum Problem. Wo Schuldenfallen liegen, erläutert Christiane Norff von der Schuldnerberatung.

    Frau Norff, das Leben ist in den vergangenen Monaten teurer geworden. Kommen nun mehr Menschen zu Ihnen zur Schuldnerberatung?

    Christiane Norff: Seit November vergangenen Jahres haben wir deutlich mehr Zulauf. Die Statistik für dieses Jahr zeigt bisher, dass etwa ein Drittel mehr Menschen zu uns kommen. Oft ist das für die Menschen mit großen Sorgen, sogar mit Belastungen bis hin zur psychischen Erkrankung, verbunden. Eigentlich hatten wir bei Corona die Befürchtung, dass viele Leute in einer Überschuldungssituation landen. Das war nicht so, weil es doch relativ viele Hilfen gab. Aber die Inflation und damit die Preistreiber Energie, Mieten, Geld für Lebensmittel, das hat dazu geführt, dass einige Haushalte, die davor schon zu kämpfen hatten und sich immer so durchgewurstelt haben, kollabiert sind.

    Oft kommen Menschen in Kempten und im Oberallgäu erst spät zur Schuldnerberatung

    In welchen Situationen kommen Menschen zu Ihnen?

    Norff: Die Menschen kommen oft erst dann, wenn das Geld nicht mehr fließt. Wenn sie wirklich merken, dass sie mit ihrer Strategie ,Ich zahle jetzt hier ein bisschen und dann da ein bisschen und schiebe das bis zur ersten, zweiten, dritten Mahnung’ nicht mehr über die Runden kommen. Dann ist es natürlich meistens sehr dringend. Oft warten schon Gläubiger, manchmal nur zwei oder drei, in Einzelfällen auch 100.

    Welche Probleme kommen besonders häufig auf und können zur Schuldenfalle werden?

    Norff:Was häufiger vorkommt, ist etwa, dass eine Person Verträge mit mehreren Mobilfunkanbietern hat. Wenn bei einem Anbieter nicht bezahlt wurde und dann die Kündigung kam, schließen Menschen oft neue Verträge ab, wenn die Schufa nicht schnell genug einen Eintrag erstellt hat, der das verhindern könnte. Es geht aber oft auch um Kleinigkeiten, die sich häufen. Ich habe oft Klienten bei mir sitzen, die kommen mit einem Eiskaffee zum Mitnehmen hier an. Dann frage ich auch: Wie oft machen Sie das? Bei manchen kommt das jeden Tag vor. Dann rechnen wir gemeinsam hoch. Da entstehen Summen, bei denen definitiv eine Einsparung möglich ist.

    Viele unterschiedliche Fristen und Anträge erschweren Schuldnern den Durchblick

    Sparen ist wahrscheinlich immer möglich, oder?

    Norff: Es gibt auch Menschen, die leben wirklich sehr, sehr sparsam. Gerade im vergangenen Winter haben viele Menschen, bei denen das Geld knapp ist oder die schon Schulden haben, die Heizung aus Angst vor der Abrechnung nicht angemacht. Da ist es dann unsere Aufgabe, zu schauen, was noch möglich ist. Wir wollen weder Angst noch Schrecken verbreiten. Man kann nicht an allem sparen. Es geht dann eher darum, die passenden Leistungen und Hilfen zu beantragen. Was steht dem Haushalt zu? Wohngeld, aufstockende Leistungen vom Jobcenter oder Kinderzuschlag. In Deutschland ist das System an Transferleistungen sehr komplex. Es gibt unterschiedliche Stellen mit unterschiedlichen Fristen und Laufzeiten für einzelne Anträge. Da ist es für viele Menschen schwer, den Durchblick zu behalten. Das gehört auch schon zum präventiven Ansatz der Budgetberatung, damit man erst gar nicht in die Überschuldung rutscht.

    Christiane Norff ist Leiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung bei der Diakonie Allgäu und berät Menschen in Lindau und Kempten bei finanziellen Problemen und Fragen.
    Christiane Norff ist Leiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung bei der Diakonie Allgäu und berät Menschen in Lindau und Kempten bei finanziellen Problemen und Fragen. Foto: Joern Lorenz

    Welche Tipps haben Sie für die Finanzplanung im Alltag?

    Norff: Ich würde jedem empfehlen, sich beraten zu lassen, der sich zum Beispiel Gedanken macht, ob er alle seine Rechnungen bezahlen kann, oder planen muss, ob das Geld bis zum Monatsende reicht. Auch sollte man im ersten Schritt zwei bis drei Monatsgehälter etwa auf einem Tagesgeldkonto ansparen als Notgroschen, bevor man etwa in einen Urlaub oder neue Möbel für die Wohnung investiert. Es ist auch hilfreich, ein Haushaltsbuch zu führen. Dabei stelltman alle Ausgaben und Einnahmen gegenüber. Dafür gibt es auch zahlreiche Apps, die man auf dem Smartphone nutzen kann.

    Anlaufstellen im Allgäu: Hier gibt es Tipps im Schuldenfall

    • Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Allgäu in Kempten per E-Mail an schuldnerberatung@diakonie-allgaeu.de, Telefonsprechstunde mittwochs von 13 bis 15 Uhr unter 0831/54059331. Es beraten Iris Brauchle und Tatjana Dück.
    • Schuldnerberatung beim Landratsamt fürs nördliche Oberallgäu unter Telefon 08321/612273, bei der Caritas für den südlichen Landkreis unter 08321/660147.
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