„So sieht zum Beispiel Briefpapier aus, das aus einer Paludikultur auf nassem Moorboden hergestellt wurde“, sagt Kevin Keiner und reicht im Klimaschutzbeirat der Stadt Kempten einen Briefumschlag und dickes Briefpapier herum. Keiner ist Moorbodenberater beim Landwirtschaftsamt und im Klimaschutzbeirat zu Gast, um zu erklären, wie sich mit dem Erhalt von Mooren rund um Kempten Klimaschutz betreiben lässt.
Moore speichern nämlich eine enorme Menge an Kohlenstoff und senken dadurch den CO2-Gehalt in der Luft. Rund 150 Hektar Land, das von Moorboden geprägt ist, gibt es im Kemptener Stadtgebiet. Nur sind 95 Prozent aller Moore in Deutschland und in Bayern zerstört. Durch Land- oder Forstwirtschaft sind diese entwässert, also ausgetrocknet, und können daher keinen Kohlenstoff mehr speichern, wie Keiner erklärt.
Ganz im Gegenteil – Moore setzen sogar CO2 frei, wenn sie austrocknen. Denn abgestorbene Pflanzenreste (Torf), die davor im Moor eingeschlossen waren, fangen an, sich zu zersetzen, wenn sie nicht länger von Wasser umhüllt sind. Dadurch wird dann CO2 freigesetzt. Kevin Keiner vergleicht das mit einem Gurkenglas: „Solange die Gurken im Gurkenwasser liegen, sind sie haltbar. Holt man sie heraus und lässt sie liegen, dann verderben sie. So ungefähr ist es auch im Moor.“
Nasser Moorboden als Alternative zu Holz?
Moore können also nicht nur den CO2-Gehalt in der Luft erheblich reduzieren und verbessern, indem sie Kohlenstoff speichern, sondern ihn auch drastisch erhöhen, wenn sie entwässert und dadurch zerstört werden. In Bayern gibt es rund 228.000 Hektar Moorböden. Sie allein machen sechs Prozent der bayerischen Treibhausgas-Emissionen aus, sagt Keiner: „Das ist viel mehr, als zum Beispiel der Flugzeugsektor.“
Deshalb berät Keiner Landwirte im Rahmen des bayerischen „Moorbauernprogramms“, wie sie ihre Moore schonend nutzen können, um sie und ihren Klimaschutzeffekt zu erhalten. Das funktioniert zum Beispiel, indem Landwirte Rinderrassen halten, die mit Moorboden und einem nassen Untergrund zurechtkommen. Positive Erfahrungen im Projekt gebe es mit den Rassen Murnau-Werdenfelser, Dexter oder Schottisches Landrind.
Aber auch mit dem Anbau sogenannter Paludikulturen könne der Wasserstand in Mooren langfristig erhöht werden, sagt Keiner: „Schilf, Segge oder Rohrglanzgras eignen sich gut dafür.“ Aus der dabei entstehenden Biomasse lasse sich Dämm- und Verpackungsmaterial herstellen – oder eben Briefpapier. Damit seien Paludikulturen eine stoffliche Alternative zu Holz. Die Nachfrage nach dieser Art Biomasse sei hoch, sagt Keiner: „Aktuell gibt es nur noch nicht genügend Landwirte, die Paludikulturen anbauen und ein Angebot machen.“
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