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So funktioniert die Beatmung

Kempten/Oberallgäu

So funktioniert die Beatmung

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    Karl-Werner Heinl
    Karl-Werner Heinl Foto: Martina Diemand

    In der Stadt und im Landkreis sind bisher weniger Menschen am Coronavirus erkrankt als in zahlreichen anderen Regionen mit vergleichbaren Bevölkerungszahlen. Diese Momentbetrachtung beruhigt viele Menschen allerdings nicht. Gerade Ältere haben nicht nur Angst, sich anzustecken. Sie fürchten sich auch vor dem, was auf sie im Falle einer Einlieferung ins Krankenhaus und einer möglichen künstlichen Beatmung zukommt. „Selbst wenn jemand in die Klinik muss, heißt das noch lange nicht, dass eine Beatmung unbedingt nötig ist“, beschwichtigt der Lungenfacharzt Dr. Karl-Werner Heinl.

    „Ich habe im Fernsehen die Bilder von Menschen gesehen, die während der Beatmung auf dem Bauch liegen müssen. Eine grauenhafte Vorstellung“, sagt eine 78-jährige Immenstädterin. Sie telefoniert täglich mit ihrem Bruder, der in Durach lebt. Der 83-Jährige fühlt sich gut, war früher aber mehrfach an einer Lungenentzündung erkrankt und fragt sich jetzt: „Wie lange würde ich eine künstliche Beatmung durchhalten?“ Bei vielen Menschen läuft gerade ein Kopfkino mit Sorgen und Ängsten ab.

    „Das Virus schädigt die Lunge und beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme“, sagt Heinl, der zuletzt im Ärztehaus des Klinikums in Kempten praktiziert hat. Die Grunderklärung haben Interessierte inzwischen oft gehört, doch wann wird wie behandelt, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert? Zunächst einmal, erklärt der Mediziner, wird Sauerstoff mit Hilfe einer locker sitzenden Nasenbrille zugeführt. Die Zuleitungen sind in den Wänden der Krankenzimmer eingelassen. Mit bis zu sechs Litern Sauerstoff pro Minute kann auf diese Weise die Atmung der Patienten unterstützt werden. Bei dieser Behandlung bleiben die meisten mobil, können beispielsweise selbstständig auf die Toilette gehen.

    150 Personen sind in Kempten und dem Oberallgäu positiv auf Corona getestet (Stand Freitag Mittag). Zwölf davon werden im Krankenhaus behandelt, teilt Christian Wucherer vom Klinikum mit.

    Um zu prüfen, in wie weit dies hilft, wird ein kleines Gerät auf den Finger des Patienten gesteckt. „Damit kann die Sauerstoffsättigung des Blutes gemessen werden“, sagt Heinl.

    27 freie Plätze für den Notfall

    Verschlechtert sich der Zustand weiter, muss künstlich beatmet werden. Am Freitag waren im Krankenhaus Immenstadt drei Patienten betroffen, in Kempten niemand. In beiden Häusern standen damit insgesamt 27 nicht belegte Beatmungsplätze für den Notfall zur Verfügung, sagt Wucherer.

    Das für viele Menschen beängstigende Bild von beatmeten Patienten in Bauchlage relativiert Heinl: „Da bekommt niemand etwas davon mit. Wer künstlich beatmet wird, wird auch in ein künstliches Koma versetzt.“ Warum ist eine Bauchlage überhaupt notwendig? Man habe festgestellt, erklärt der Experte, dass abhängig von der Lagerung eines Patienten unterschiedliche Bereiche der Lunge bei der Beatmung erreicht werden. Bei einer Rückenlage werden unten liegenden Teile der Lungen schlechter versorgt.

    Dass manche Menschen Angst vor einem Krankenhausaufenthalt haben, weiß der Facharzt aus langjähriger Erfahrung und hat dafür auch viel Verständnis. Er rät aber dazu, „immer vor allem daran zu denken, dass man dort bestmöglich versorgt wird, sich rund um die Uhr jemand um einen kümmert“. Und in der Corona-Krise dürfe auch niemand außer Acht lassen, „dass man während des Klinikaufenthalts auch keine Gefahr für die Familie daheim ist“.

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