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Fast ausgestorbene Berufe im Allgäu: Warum der Schindelmacher und seine Kunst heute wieder interessant sind

Heimatkunde

Besuch mit Wow-Effekt: Junge Berufsstarter entdecken fast vergessenen Tätigkeiten

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    Schindeln schützen früher viele Häuser. Im Günztal ist der Beruf des Schindelmachers ausgestorben. Deshalb erhielte Jugendliche im Museum einen Einblick, wie es früher war.
    Schindeln schützen früher viele Häuser. Im Günztal ist der Beruf des Schindelmachers ausgestorben. Deshalb erhielte Jugendliche im Museum einen Einblick, wie es früher war. Foto: Karl-Josef Hildebrand, dpa (Symbolbild)

    Anfang September beginnt das neue Ausbildungsjahr für die Schulabgänger. Sie ergreifen Berufe, die es zum Teil vor wenigen Jahren noch gar nicht gab. Andererseits sind Berufe von früher bereits beinahe ausgestorben. Grund genug für den Arbeitskreis Heimatkunde in Obergünzburg, die aktuellen Berufseinsteiger zu einer spannenden Führung durch die Museumsräume einzuladen, in der Hermann Knauer in der Zünfte-Abteilung das „Handwerkerkönnen des vergangenen Jahrhunderts“ anschaulich erläuterte.

    Mehr als 20 einheimische Handwerkerberufe, die im Marktflecken Obergünzburg im 19. und 20. Jahrhundert groß in der Blüte standen, haben seinerzeit schon einen großen Wandel erfahren oder sind heute nahezu ausgestorben.

    Xaver Denk war einer der letzten Schindelmacher in Obergünzburg

    Zu den in Obergünzburg und im östlichen Günztal ausgestorbenen Berufen gehören die des Baders, Barbier, Bierbrauer, Büchsenmacher, Bürstenbinder, Drechsler, Deichelbohrer, Färber, Flaschner, Gerber, Modistin, Rechenmacher, Salpeterschaber, Stoffdrucker, Strumpfwirker und Wachszieher.

    Xaver Denk (Allgäuer Zeitung von 1964) bei seiner traditionell handwerklichen Arbeit des Schindelmachens.
    Xaver Denk (Allgäuer Zeitung von 1964) bei seiner traditionell handwerklichen Arbeit des Schindelmachens. Foto: Hermann Knauer (Repro)

    Der Beruf des Schindelmachers jedenfalls gehört auch dazu, obwohl vereinzelt im benachbarten Vorarlberg, dann aber maschinell Schindeln hergestellt und als natürliche Fassadenverkleidungen verbaut werden.

    In Obergünzburg war Xaver Denk im Schlossfeldweg 2 noch einer der letzten Schindelmacher des 20. Jahrhunderts im Günztal und nahezu gar im Allgäu. Er war Spezialist in der handwerklichen Holzbearbeitung von Schindeln und kannte die wichtigsten Regeln, um Fassadenverkleidungen herzustellen, die sogar über 100 Jahre ihrem Zweck dienten und dienen.

    1974, also vor über 50 Jahren verkleidete Xaver Denk die Westfassade des Kirchturms der Nikolauskirche auf dem Bergfriedhof Obergünzburg mit Fichtenschindeln
    1974, also vor über 50 Jahren verkleidete Xaver Denk die Westfassade des Kirchturms der Nikolauskirche auf dem Bergfriedhof Obergünzburg mit Fichtenschindeln Foto: Hermann Knauer

    Dazu gehörte seine meisterliche Qualitätsbeurteilung des Holzes, sei es Fichte, Lärche oder Eiche, vom richtigen Ort (Hang-und Höhenlage) und zur richtigen Zeit (im Winter) geschlagen. Es waren seine Kunst und sein handwerkliches Können und ausgeprägtes Wissen, wie er mit der Struktur des Holzes, der richtigen Faserspannung und mit dem speziellen Schindelmesser (Schindeleisen) die richtigen Stärken der Holzbrettchen von Hand zu schlagen verstand, wie die Herstellung der Schindelbrettchen im Fachjargon auch heißt.

    Das Schindelmachen ist eine Kunst für sich: Was es dabei zu beachten gilt

    Die Holzschindel ist ein Stück Natur und findet im traditionellen und heute auch im modernen Baustil wieder Verwendung. Schindeln, so Hermann Knauer vom Arbeitskreis Heimatkunde zum Abschluss der Museumsführung, sind langlebig und widerstandsfähig gegen diverse Witterungseinflüsse, sie vereinen Funktionalität und Ästhetik in einem unverwechselbaren Design.

    Erfreulicher Weise haben von den sechs teilnehmenden Jugendlichen vier Buben und ein Mädchen bei der Museumsführung schon einen Lehrvertrag in der Tasche – wenn auch nicht den des Schindelmachers.

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