Das Ende des Zweiten Weltkriegs mit Geschehnissen im April 1945 und was in den letzten Stunden auch in und um Ottobeuren geschah – das rufen Berichte in Chroniken und von Zeitzeugen in Erinnerung. In dem Büchlein „Ottobeuren vor 50 Jahren 1945 – 1995 Zeitzeugen, Chroniken, Episoden“ und nun auch ab Mitte Mai in einer kleinen Broschüre „80 Jahre nach Kriegsende“ sind die denkwürdigen Ereignisse nachzulesen. Der Heimatdienst Ottobeuren mit seinem Vorsitzenden Richard Harzenetter hat 1995 das 73-seitige Büchlein drucken lassen.
Amerikaner rückten von Memmingen aus auf Ottobeuren vor
Die Amerikaner waren am 26. April 1945 von Memmingen her schon in Hawangen eingerückt. So war es für Ottobeuren nur noch eine Frage der Zeit, wie sich der damals 15-jährige Reinald Scheule erinnert. Wegen Sirenen-Alarm habe er mit seiner Mutter und mit den wichtigsten Habseligkeiten auf einem Leiterwagen die Nacht auf den 27. April zusammen mit anderen Leuten im Luftschutzkeller unter dem Querschiff der Basilika verbracht. Der ehemalige Kartoffelkeller ist heute die Bruder-Klaus-Krypta. Scheules Vater war in Gefangenschaft.
Was im Ort geschah, geht aus persönlichen und durch Zeitzeugen bestätigte Aufzeichnungen von Bürgermeister Josef Hasel hervor. „Am Morgen des 27. April telefonierte Bürgermeister Bitzer von Hawangen im Auftrag der dort anwesenden Amerikaner mit Bürgermeister Hasel. Er sollte innerhalb von 45 Minuten zurückmelden, welche deutschen Truppen oder Einzelsoldaten sich in Ottobeuren befinden und unter welchen Bedingungen eine kampflose Übergabe des Ortes erwartet würde.“ Er habe eine Fristverlängerung erreichen können, weil die Kommandantur in Eldern stationiert war. Er sei mit dem Fahrrad dorthin gefahren und habe dann telefonisch die Fragen so beantwortet: Im Ortsraum seien keine Kampftruppen und Stellungen, die Türme der Basilika würden militärisch und zu Beobachtungen nicht genutzt. Ferner sollten weiße Flaggen gezeigt und die Bedingungen anerkannt werden.
Wo am Kriegsende bei Ottobeuren noch geschossen wurde
In der Zwischenzeit habe jedoch eine SS-Gruppe in Eldern von diesem Vorgang erfahren und Bürgermeister Hasel verhaftet. Er habe das Schlimmste befürchtet, heißt es in seinem Bericht, und seiner Familie einen Abschiedsbrief geschrieben. Jedoch hatten inzwischen die Amerikaner ohne Blutvergießen den Ort besetzt.
Der mittlerweile 94-jährige Scheule erzählt auch, dass er damals bei seinen Streifzügen durch die Türme die wohl länger bereit liegenden weißen Tücher schon bemerkt habe und meint besorgt „Wenn das die SS gewusst hätte!“ Die Klosterschwestern von Maria Stern vermerkten in ihrer Chronik zum 27. April: „Nach einer unruhigen Nacht – Tausende von Fahrzeugen, Reitern und Fußsoldaten zogen an unserem Haus vorbei – hieß es auf einmal weiße Fahnen heraus. In der Schelmenheide wurde noch geschossen.“ Der im Kloster untergebrachte Fliegerhorst sei „frei geräumt“ worden, weil die Besatzung geflüchtet war.
Ordensschwestern sehen „furchtbaren Kampf“
Die Schwestern in Klosterwald vom Orden der Englischen Fräulein haben am 27. April den Kampf zwischen den SS-Truppen und den Amerikanern aus nächster Nähe beobachtet, schreibt die Chronistin: „Es war ein furchtbarer Kampf. Nach einem Schreckenstag wurde Ottobeuren übergeben. Am selben Tag noch wurde in unserem Lazarett die weiße Fahne gehisst.“
Eine kleine, vom Touristikamt aufgelegte Broschüre zum Kriegsende vor 80 Jahren mit Beiträgen aus dem 1995 gedruckten Büchlein „Ottobeuren vor 50 Jahren – Zeitzeugen, Chroniken, Episoden“ liegt ab etwa Mitte Mai im Haus des Gastes zum Mitnehmen aus.
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