Die Kommunen müssen sparen und das wirkt sich allerorten – oft ziemlich einschneidend – auch auf die Kulturetats aus. Auch Memmingen schnallt da den Gürtel künftig enger. Aber wo und wie kann gespart werden? Und wie soll das Kulturangebot der Stadt langfristig aussehen? Antworten darauf soll ein Kulturentwicklungsplan geben, der in den nächsten anderthalb Jahren in mehreren Schritten erarbeitet wird, zum Teil mit externer Unterstützung. Über den bereits gestarteten Prozess informierte Kulturamtsleiter Sebastian Huber jetzt den Kulturausschuss des Stadtrats. Die Reaktionen von Vertretern der Stadtratsfraktionen darauf waren eindeutig.
Memmingen hat ein vielfältiges, hochwertiges Kulturangebot
Einleitend zeichnete Huber ein ausgesprochen positives Bild von der Ausgangslage und der Rolle der Kultur in Memmingen. Er sprach von einem vielfältigen, qualitativ hochwertigen, ehrenamtlich und hauptamtlich getragenen Kulturangebot, das die Lebensqualität in der Stadt steigert. Damit werde auch um Fachkräfte geworben. Er zitierte aus einem Artikel in der Memminger Zeitung, in dem die Kassenärztliche Vereinigung Bayern – neben einer Sonderförderung – „mit dem kulturellen Angebot in der zauberhaften Altstadt von Memmingen“ um fehlende Hals-Nasen-Ohren-Ärzte wirbt.

Finanzielle Möglichkeiten der Stadt Memmingen sind begrenzt
Trotz dieses hohen Stellenwerts werden die finanziellen Möglichkeiten der Stadt in den kommenden Jahren begrenzt sein, sagte Huber. Der Kulturentwicklungsplan soll helfen, sie „gerecht, sinnvoll und gewinnbringend“ zu verteilen. Dazu komme, dass sich Publikum und Gesellschaft verändern. Kunst und Kultur werden zunehmend digital konsumiert, das erfordere neue Formate. Eine zentrale Rolle falle der Kultur in unserer polarisierten Gesellschaft als Ort des Austauschs und der Begegnung zu. Bald kommt die Ganztagsbetreuung an Grundschulen, in diesem Zusammenhang gelte es zu überlegen, wie Musikschulen oder Museen überhaupt noch an Kinder und Jugendliche herankommen.
„Der Prozess braucht Zeit und Budget“
„Wir müssen jetzt überall genau und tiefer in die Stadtgesellschaft schauen“, sagte Huber. „Deshalb ist der Prozess größer angelegt, das braucht Zeit und Budget.“ Ziel der Kulturentwicklungsplanung sei es, die kulturpolitischen Weichen für eine zeitgemäße Kulturarbeit zu legen, dafür Leitlinien und Handlungsfelder zu definieren und zu priorisieren, um einen „realistischen Fahrplan“ mit konkreten Maßnahmen zu erarbeiten. Am Prozess sollen auch Kulturschaffende und Bürger beteiligt werden, eine externe Begleitung unterstützt bei einzelnen Veranstaltungen.
Das sind die fünf Phasen des Kulturentwicklungsplans
Ablaufen soll das Ganze in fünf Phasen: Aktuell werden der Fahrplan für die Kulturentwicklungsplanung festgelegt und die Rahmenbedingungen definiert. In der zweiten Phase, bis April 2026, werden in einer Bestandsaufnahme die Stärken und Schwächen der bestehenden Kulturlandschaft herausgefiltert – in Einzel- und Gruppengesprächen sowie kleinen Umfragen. Damit sollen konkrete Handlungsfelder benannt werden.
Diese werden in Phase 3 ausgearbeitet. Dazu wird es zwei Workshops mit Kulturakteuren und Vertretern etwa aus Tourismus und Einzelhandel geben sowie kleinere Fachworkshops. Das wird etwa bis November 2026 dauern. In der darauffolgenden Phase werden bis März 2027 die Ergebnisse zusammengeführt. Phase 5 dient schließlich dazu, die Ergebnisse im Stadtrat zu verabschieden und der Öffentlichkeit vorzustellen.
Eine Projektleitung und ein Lenkungsgremium steuern den Prozess
Die Projektleitung liegt bei Kulturamtsleiter Sebastian Huber. Bereits berufen wurde vom Stadtrat eine begleitende Lenkungsgruppe mit dem Oberbürgermeister, seinen Stellvertretern, Vertretern aller Fraktionen, Referatsleiter Martin Mittenhuber und drei Experten aus dem Kulturleben. An Kosten für die Kulturentwicklungsplanung ist laut Huber mit etwa 50.000 Euro zu rechnen: „Es ist schwierig in Zeiten des Sparens Geld dafür auszugeben, aber man muss es in die Hand nehmen, mit Blick auf die Zukunft“, betonte er.
Das sagt der Memminger Kulturausschuss dazu
Darüber waren sich auch die Mitglieder des Kulturausschusses einig. Sabine Rogg (CSU), sagte, in der jüngsten Zeit sei viel Verunsicherung in der Kulturszene entstanden, deshalb sei die Kulturentwicklungsplanung ein „sehr, sehr wichtiges Thema“. Matthias Ressler (SPD) bemerkte, dass auch in vielen anderen Bereichen der Verwaltung Externe hinzugezogen werden. „Wir dürfen die Kosten nicht scheuen.“ Die Gelder ließen sich wieder refinanzieren mit einer besseren Kulturplanung. Auch Dr. Monika Schunk (Grüne) unterstrich: „Geld sparen kostet zunächst Geld.“ Sie zeigte sich überrascht davon, wie zeitnah der Prozess umgesetzt werden soll. Von der schon fortgeschrittenen Planung war auch Nina Keckeis (ÖDP) beeindruckt. Oberbürgermeister Jan Rothenbacher betonte, der Einsatz von externen Büros werde auf das Notwendigste reduziert und wies darauf hin, dass die Umsetzung der Kulturentwicklungsplanung nun vom Stadtratsplenum abgesegnet werden muss.
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