Noch vier Minuten, noch zwei, die Tür des Flugzeuges öffnet sich – und Sprung! Nach einem Adrenalinkick genieße ich einen besonderen Blick über mein neues Zuhause Memmingen und die Region. Der Tandem-Sprung, ein Geburtstagsgeschenk meiner Familie, bietet ein einmaliges Erlebnis.
- Vor dem Start: Die Nervosität steigt. Mein Starttermin ist für 11 Uhr vorgesehen. Ich habe extra nichts gefrühstückt. In Begleitung meiner Familie treffe ich bei „Flying Bones“, dem Fallschirmsprungzentrum in Tannheim, ein. Bei der Anmeldung gleich ein Problem: Das Flugzeug hat wohl einen Defekt, derzeit kann nicht geflogen werden. Schnell ist klar: Der Start wird sich verzögern. Warten ist angesagt. Dazu gehört auch ein ausgiebiges Mittagessen.
Gegen 14 Uhr wird mein Name gerufen. Kurz hebe ich die Hand. Volker, mein Tandem-Master, streckt mir seine entgegen. Er stellt sich vor. Volker Neumann ist seit fünf Jahren Tandem-Master bei Flying Bones in Tannheim, hat 1300 Sprünge absolviert. Der Bundeswehrsoldat ist in Füssen stationiert, reicht mir einen schwarzen Overall samt Lederkappe und Brille.
Trockenübung bei der Einweisung am Flugplatz in Tannheim
Ich schlüpfe in die Schutzkleidung hinein, ebenso in eine Gurtvorrichtung. Dann folgt die Einweisung – inklusive Trockenübungen, bei denen ich schon ins Schwitzen komme. Volker Neumann zeigt mir, wie ich mich vor dem Sprung, dann im sogenannten freien Fall und beim Flug verhalten soll, welche Positionen ich einnehmen muss. Außerdem trainieren wir die Landung auf dem Hintern. Schnell versuche ich, die Informationen zu verinnerlichen, denn dann geht es los. Das Flugzeug ist repariert, steht bereit.
- Der Start: Die Außentemperatur liegt bei 30 Grad Celsius. Im Flugzeug selbst erscheint es mir ebenso heiß. Vielleicht ist es in dem Moment aber auch der „Angstschweiß“. Ich beobachte, wie der Flugplatz immer kleiner wird, blicke über Memmingen, sehe das Autobahnkreuz. Deutlich ist der Stau auf der A96 zu erkennen. Wir steigen weiter auf. Auf einer Höhe von etwa 3300 Metern ist es dann soweit.
- Der Absprung: Der Pilot öffnet die Tür. Das Flugzeug neigt sich kurz zur Seite. Neben mir sitzt eine weitere Tandem-Springerin, die mit ihrem Master zuerst das Flugzeug verlässt. Alles geht ganz schnell und sie sind nicht mehr zu sehen. Zumindest nicht für mich.
Meine Konzentration liegt auf meinen Beinen, die ich jetzt zur Flugzeug-Tür hinausstrecke. Alles unter mir wirkt klein. Höhenangst habe ich in diesem Moment nicht – und die Zeit zum Nachdenken fehlt, denn schon bin auch ich draußen. Zusammen mit Volker Neumann drehe ich mich in der Luft. Ich verfolge mit den Augen Himmel und den Boden. Nach einigen Sekunden bekomme ich das Zeichen, dass ich meine Arme ausstrecken darf.
Da setzt es ein: das Gefühl, von der Luft getragen zu werden – und das bei 200 Stundenkilometern. Irre – und so schön. Wieder erfolgt ein Tippen auf meiner Schulter. Ein Signal, die Hände wieder vor der Brust beziehungsweise vor dem Gurtzeug zu verschließen. Der Fallschirm öffnet sich. Der freie Fall ist nach etwa 50 Sekunden beendet.

- Die Schirmfahrt: Bei der Schirmfahrt mit dem Fallschirm kann ich die große Brille abnehmen, die mich beim freien Fall geschützt hat. Ich bringe mich in eine bessere Sitzposition. Jetzt kommt der zweite Genießer-Teil. Ich kann über die ganze Region blicken. Ich sehe mein Wohnhaus in Steinheim, folge mit den Augen den Straßenlinien der Stadt Memmingen, kann die Kartause Buxheim und die Weiher erkennen.
- Die Landung: Die Schirmfahrt geht viel zu schnell vorbei, schon erkenne ich den Flugplatz Tannheim unter mir. Noch in der Luft gehen mein Tandem-Master und ich die Landung durch. Dazu muss ich unter meine Knie fassen, diese anziehen, dann die Beine ausstrecken. Die Landung erfolgt nämlich auf dem Hintern. Gesagt, getan: Sanft setzen wir auf der Wiese auf. Vor uns geht der Fallschirm zu Boden.
Geschafft. Noch kann ich es gar nicht fassen.
- Das Lachen im Gesicht: Volker Neumann beglückwünscht mich – zu meinem ersten und für mich auch definitiv letzten Tandem-Sprung. Meine Gefühle fahren noch Achterbahn. Auf der einen Seite war es ein unglaubliches Erlebnis – eben ein besonderer Blick mit zusätzlichem Adrenalinkick. Und dennoch die Erkenntnis: Ich bin ein „Mensch des Bodens“.
- Zusammengefasst: Absprung, freier Fall und Schirmfahrt: Jede Sekunde hat sich gelohnt. Ich konnte über die gesamte Region blicken – und später in die stolzen Augen meiner Familie, die mich unterstützt hat und am Boden jubelnd auf mich wartete.