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Bahn weiter unpünktlich und in den Miesen: Muss Bahnchef Lutz gehen?

Deutsche Bahn

Die Bahn will im zweiten Halbjahr pünktlicher werden – zumindest ein wenig

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    Das laufende Jahr war nach Ansicht von Bahnchef Richard Lutz geprägt von großen Fortschritten bei der Wirtschaftlichkeit - die sich in der für Fahrgäste wichtigen Pünktlichkeit der Züge aber nicht niedergeschlagen haben. (Archivbild)
    Das laufende Jahr war nach Ansicht von Bahnchef Richard Lutz geprägt von großen Fortschritten bei der Wirtschaftlichkeit - die sich in der für Fahrgäste wichtigen Pünktlichkeit der Züge aber nicht niedergeschlagen haben. (Archivbild) Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Für Unternehmenslenker wie Bahnchef Richard Lutz sind Zahlen die entscheidende Größe, aber an manchen Tagen gibt es Wichtigeres. „Wir alle bei der Deutschen Bahn stehen noch immer unter dem Eindruck des schrecklichen Unfalls bei Riedlingen“, sagte Lutz am Donnerstag, bevor er die Halbjahresbilanz seines Unternehmens vorstellte. Drei Menschen haben bei dem Zugunglück in Oberschwaben ihr Leben verloren, darunter zwei Eisenbahner.

    Lutz dankte den Rettungskräften für ihren Einsatz und sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus. Zur Unfallursache konnte er noch keine genaueren Angaben machen. Für am wahrscheinlichsten hält er aber, dass der Starkregen für einen Abgang am Bahndamm gesorgt hat. Demzufolge prüft die Bahn, ob weitere Strecken in Deutschland durch die Nässe gefährlich aufgeweicht sein könnten. „Da sind wir mitten dabei“, sagte der 61-Jährige. Die Sicherheit von Fahrgästen und Personal sei das höchste Gut. Was sonst noch wichtig war:

    Wie steht es um die Pünktlichkeit bei der Deutschen Bahn?

    Im Fernverkehr plagen noch immer viele Verspätungen die Reisenden. Im ersten Halbjahr rollten nur 63 Prozent der Züge im Fahrplan in die Bahnhöfe ein, mehr als jede dritte Verbindung war unpünktlich. Damit hat sich die Bahn im Vergleich zum Vorjahr nur minimal verbessert. Lutz selbst sprach von schlechten und unbefriedigenden Zahlen und kündigte an, im Gesamtjahr eine Pünktlichkeit von 65 Prozent erreichen zu wollen - was eigentlich schon in den ersten sechs Monaten hätte der Fall sein sollen.

    „Ist das realistisch?“, fragte sich der Vorstandsvorsitzende und gab selbst die Antwort: „Das wird ein Kampf, wir werden jeden Tag kämpfen.“ Die Pünktlichkeit im Regionalverkehr liegt spürbar höher. Neun von zehn Zügen verkehren pünktlich. Im ersten Halbjahr musste die Bahn nach eigenen Angaben rund 100 Millionen Euro an Entschädigungen wegen Verspätungen an die Passagiere auszahlen und damit beinahe genauso viel wie in den ersten sechs Monaten 2024.

    Wie ist die wirtschaftliche Lage der Bahn?

    Der Konzern verbrennt weiter Geld. Unter dem Strich steht nach sechs Monaten ein Verlust von 760 Millionen Euro, nach 1,6 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Das Sanierungsprogramm S3 trägt erste Früchte. Die Bahn hat 3000 Vollzeitstellen abgebaut und durch Kostendisziplin 100 Millionen Euro gespart. Das Ergebnis verbessert hat auch eine Überweisung des Bundes für Investitionen, für die die Bahn in Vorleistung gegangen war. Für das Gesamtjahr strebt der Vorstand eine schwarze Null im operativen Geschäft an. Der Sparkurs wird 2027 fortgesetzt, es sollen bis dahin 10.000 Vollzeitstellen gekürzt werden. Vor allem die Verwaltung soll es treffen, während weiter Lokführer, Schaffner, Servicepersonal und Lehrlinge eingestellt werden.

    Welche Geschäftsbereiche laufen gut?

    Ein Ertragsbringer der Bahn ist der Regionalverkehr, der Gewinne erwirtschaftet. Die beiden anderen rollenden Abteilungen – Fernverkehr und Gütertransport – schreiben rote Zahlen, wenn auch mit aufsteigender Tendenz. Der Bahnchef hat die nicht unberechtigte Hoffnung, dass trotz Unpünktlichkeit mehr Reisende in die ICE und IC einsteigen. Im ersten Halbjahr waren es 2,1 Millionen mehr.

    Größtes Sorgenkind der Bahn ist die Gütersparte und in diesem Bereich der sogenannte Einzelwagenverkehr. Die Bahn stellt für die Industrie maßgeschneiderte Züge zusammen. Wie vor 100 Jahren wird dort von der Hand gekuppelt und Rangierloks fahren hin und her. Das Geschäft ist personalintensiv und teuer. Bis 2026 muss das Cargo-Segment die Verlustzone verlassen, so hat es die EU-Kommission festgelegt. Bei der Bahn gibt es Überlegungen, den Einzelwagenverkehr komplett stillzulegen. „Das muss man von der Kostenseite kritisch betrachten“, meinte Bahn-Chef Lutz. Er betonte aber auch, dass der Einzelwagenverkehr volkswirtschaftlich bedeutsam sei für Stahl-, Chemie- und Autoproduktion. Derzeit wird intern an einer Sanierung gearbeitet, die Gewerkschaft hat harten Widerstand gegen Entlassungen angekündigt.

    Wie steht es um die Zukunft des Bahnchefs Richard Lutz?

    Die Verkehrspolitiker von CDU und CSU sind keine Fans von Lutz. Der neue Verkehrsstaatssekretär Ulrich Lange (CSU) hatte vor der Wahl lautstark dessen Entlassung gefordert. Der Angezählte selbst berichtete bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz von einem guten Dialog mit Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). „Wir haben uns kennengelernt. Das war persönlich ausgesprochen angenehm“, sagte Lutz. „Wir spielen in derselben Mannschaft und haben dasselbe Trikot an.“ Schnieder will nach der Sommerpause erste Entscheidungen zur Zukunft der Bahn angehen.

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