Entspannungstechniken boomen, doch nicht jeder findet Zeit für Meditation oder Yoga. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse fühlt sich jede vierte Person in Deutschland häufig gestresst. Dabei kann Bewegung im Alltag den Unterschied machen – und es braucht nicht viel. Der Spaziergang zum Bäcker, die Treppe statt des Aufzugs, ein paar Schulterkreise am Schreibtisch - auch kleine Impulse können Stress abbauen. Der Körper schüttet weniger Stresshormone aus, die Gedanken kommen zur Ruhe. Wer Bewegung gezielt einbaut, kann sich im Alltag entlasten – ganz ohne Sportprogramm. Wie das funktioniert und welche Tricks den Einstieg erleichtern, zeigt dieser Artikel.
So funktioniert unsere Körper unter Stress
Wenn unser Körper mit Stress konfrontiert wird, läuft ein komplexer Mechanismus ab. Wie die Techniker Krankenkasse in ihrem Gesundheitsratgeber erläutert, handelt es sich bei Stress zunächst um eine natürliche Reaktion auf Belastung. Auslöser, sogenannte Stressoren, sind innere und äußere Reize, die den Körper dazu veranlassen Stresshormone auszuschütten. Daraufhin signalisiert die Stressachse, ein komplexes Kommunikationssystem vom Hypothalamus bis zur Nebennierenrinde, die Ausschüttung der Stresshormone. Nun produziert die Nebenniere binnen Sekunden Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, was den Körper kurzzeitig zu Höchstleistungen befähigen kann. Dieser biologische Prozess stammt noch aus Zeiten, in denen der Mensch bei Bedrohungen blitzschnell reagieren musste – daher steigen Blutzuckerspiegel und Blutdruck, der Puls beschleunigt sich, und die Sinneswahrnehmung wird geschärft. Problematisch wird es jedoch, wenn dieser Ausnahmezustand zum Dauerzustand wird. In unserem Alltag ist es nämlich nicht mehr der Säbelzahntiger, sondern die Mail der Chefin, die unserem Körper in den Überlebensmodus schickt.
Bei chronischer Stressbelastung kommt der Körper nicht mehr zur Ruhe, was zu schlechterem Schlaf und verminderter Konzentrationsfähigkeit führen kann. Menschen fühlen sich dauerhaft angespannt, wodurch das Risiko steigen kann, Burnout oder Depressionen zu entwickeln. Langfristig kann das Immunsystem geschwächt werden, während Stoffwechsel und Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten. Diese physiologischen Veränderungen können laut Techniker Krankenkasse die Entstehung von Infekten, Entzündungen, Herzinfarkten, Schlaganfällen, Diabetes und sogar Krebserkrankungen begünstigen – ein hoher Preis für einen ursprünglich lebenswichtigen Schutzmechanismus unseres Körpers.
Regelmäßige Bewegung
Die moderne Forschung zeigt immer deutlicher: Gerade dann, wenn wir Bewegung am nötigsten haben, fällt sie uns im Dauerstress oft am schwersten. Doch wie die Experten der Barmer Krankenkasse betonen, kann regelmäßige körperliche Aktivität ein wirksames Ventil zur Stressreduktion darstellen. Sport kann dabei oft überraschend einfach in den Alltag integriert werden: Mit dem Fahrrad zur Arbeit, zum Bäcker oder zum Einkaufen fahren schafft bereits wichtige Bewegungseinheiten im Tagesverlauf. Viele Arbeitgeber bieten mittlerweile auch Bewegungsangebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements an, die genutzt werden können. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention empfiehlt laut Barmer mindestens 150 Minuten moderaten Ausdauersport pro Woche, da Bewegung nicht nur Stress wirksam reduzieren, sondern auch Erkrankungen wie Diabetes, Depressionen und Rückenschmerzen vorbeugen oder lindern kann. Eine weitere gute Nachricht: Laut Techniker Krankenkasse können wir durch regelmäßige Bewegung einen Stresspuffer aufbauen. Dadurch dringen stressige Situationen nicht so schnell zu uns durch und wir reagieren den Tag hinweg gelassener. Auch hier reichen 15 Minuten Yoga am Morgen, um einen Effekt zu erreichen.
Diese Sportarten eignen sich besonders zum Stressabbau:
- Wandern
- Joggen
- Walken
- Tanzen
- Spazierengehen
- Schwimmen
- Radfahren
Entscheidend für den nachhaltigen Stressabbau durch Bewegung ist jedoch die persönliche Vorliebe. Sportarten, die einem liegen und sich leicht in den Alltag integrieren lassen, können in stressigen Zeiten eine wichtige Motivationsquelle darstellen. Wenn die Schwelle zum tatsächlichen Sporttreiben zu groß ist, kann man ganz niedrigschwellig beginnen:
- Lieblingsmusik aufdrehen und bewegen: Manchmal ist die Motivation selbst für einen kurzen Spaziergang zu klein. Dann kann es helfen, sich 10 bis 15 Minuten zu nehmen und laut Musik aufzudrehen. Wer sich nicht nur ausgelassen zur Musik bewegt, sondern auch laut mitsingt, tut gleich doppelt etwas für den Stressabbau: Durch die bewusste Atmung beim Singen werden zusätzlich Stresshormone abgebaut.
- Extra Bewegung im Alltag: Es gibt viele Möglichkeiten kleine Bewegungseinheiten in den Alltag einzubauen ohne großen Aufwand. Der Klassiker ist sicher, die Treppe zu nehmen, statt Aufzug oder Rolltreppe. Man könnte aber auch eine U-Bahn-Station früher aussteigen und 10 Minuten länger nach Hause gehen. Wer beruflich einige Telefonate zu erledigen hat, kann diese im Stehen oder Gehen erledigen.
- Stress-Notfall-Plan: Wenn wir merken, dass uns eine Situation ganz akut in große Anspannung versetzt, dann können wir in zwei Minuten bereits einen Unterschied machen. Dafür hat der NDR einen Stress-Notfall-Plan: Zuerst nimmt man drei tiefe Atemzüge und konzentriert sich dabei ausschließlich auf den Atem. Im nächsten Schritt kann man das Prinzip der progressiven Muskelentspannung anwenden und die Fäuste ballen und wieder entspannen. Alternativ bieten sich auch die Oberschenkel oder Schultern an.
Kleine Änderungen genügen
Es muss also keine schweißtreibende Sporteinheit sein – auch eine abendliche Tanzstunde oder ein Feierabendspaziergang können unserem Kopf schon guttun. Hierbei ordnen sich die Gedanken und der Abstand zur Arbeit wird größer. Zusätzlich können soziale Kontakte mit netten Menschen entstehen, und nicht selten stellt sich auch ein gewisser Stolz ein, etwas für die eigene Gesundheit getan zu haben.
Allerdings weist die Barmer darauf hin, dass man es mit Intensität und Ausdauer nicht übertreiben sollte. Sonst entsteht noch zusätzlicher Frust, falls man die hochgesteckten Ziele nicht erreicht. Denn oft ist der schwerste Schritt das Anfangen: Ist die Yogamatte erst einmal ausgerollt oder hat man es zum Park geschafft, dann kann es losgehen. Die größte Herausforderung stellen häufig die ersten fünf Meter zur Haustür dar.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden