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Galeria Karstadt Kaufhof sucht Rettung in Schutzschirmverfahren - Filialen in Kempten und Memmingen in Gefahr?

Wieder Bangen in Kempten und Memmingen?

Galeria Karstadt Kaufhof will jede dritte Filiale schließen

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    Durch Staatshilfen und einen Schuldenschnitt in Milliardenhöhe konnte der Galeria Kaufhof Konzern 2020 etliche Häuser erhalten - unter anderem in Kempten (l.) und Memmingen (r.). Nun droht erneut Ungemach.
    Durch Staatshilfen und einen Schuldenschnitt in Milliardenhöhe konnte der Galeria Kaufhof Konzern 2020 etliche Häuser erhalten - unter anderem in Kempten (l.) und Memmingen (r.). Nun droht erneut Ungemach. Foto: AZ (Archiv)

    Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will über 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser schließen. Das kündigte Unternehmenschef Miguel Müllenbach in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an.

    Wenige Stunden zuvor hatte das Unternehmen zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen, wie ein Firmensprecher am Montag sagte.

    Der Manager sagte in dem FAZ-Interview, um das Unternehmen zu retten, müsse das Filialnetz "um mindestens ein Drittel reduziert werden". Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar. In einem Mitarbeiterbrief schrieb Müllenbach, das Unternehmen müsse sich von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation und der Energiekosten "auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind". Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des Unternehmens verhindern. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern ist noch in 97 deutschen Städten vertreten.

    Immer wieder Bangen um Galeria Kaufhof in Kempten und Karstadt in Memmingen

    Damit beginnt auch wieder das Bangen in der Region: Im Allgäu betreibt der Konzern zwei Häuser - Galeria Kaufhof in Kempten und Karstadt in Memmingen. Im Jahr 2020 blieben die Allgäuer Filialen von der drohenden Schließung verschont, was damals für große Erleichterung bei Mitarbeitern, Kunden und Lokalpolitikern sorgte.

    Galeria hatte vor dem Gang zum Insolvenzgericht noch mit der Bundesregierung über weitere Finanzhilfen - über die bereits erhaltenen 680 Millionen Euro hinaus - verhandelt. Doch sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dies kein gangbarer Weg sei, sagte Müllenbach. "Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen Strukturen."

    Während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen schon einmal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.

    Damit verbunden waren harte Einschnitte: Die Schließung von rund 40 Filialen, der Abbau von rund 4000 Stellen und die Streichung von mehr zwei Milliarden Euro Schulden sollten dem Unternehmen einen Neustart ermöglichen. Doch die Hoffnung, dass der Konzern danach von vielen Altlasten befreit erfolgreich durchstarten könnte, erfüllte sich nicht.

    Im Gegenteil: Anfang 2021 und Anfang 2022 musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme.

    Benötigt der Galeria Kaufhof Konzern über 200 Millionen Euro?

    Dennoch urteilte der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms im Rückblick: "Bei der Galeria-Insolvenz im Jahr 2020 gingen die Einschnitte nicht tief genug. " Der politische Wille und die Sorge um die Lebensfähigkeit vieler Innenstädte bei einer Schließung der Warenhäuser, aber auch die Interessen von Eigentümer Signa hätten das damals verhindert. "Das Warenhaus hat eine Daseinsberechtigung, aber es benötigt ein großes Einzugsgebiet. Darum ist nur Platz für 50 bis 60 Filialen in Deutschland, nicht für alle 131 Galeria-Kaufhäuser", sagte Funder.

    Wie viele Warenhäuser in Deutschland auf Dauer überleben können, ist auch unter Experten umstritten. Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, sieht nur Platz für weniger als 100 Warenhäuser. "Und selbst diese Häuser werden nur eine Zukunft haben, wenn die Aufenthaltsqualität und das Geschäftsmodell deutlich verbessert werden." Damit gehört er eher zu den Optimisten.

    Der frühere Kaufhof-Chef Lovro Mandac hält auf Dauer 40 bis 50 Warenhäuser in Deutschland für zukunftsfähig. Eine aktuelle Analyse der Immobilienzeitung kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wohl nur 30 von 131 Filialen eine sichere Perspektive haben. Alle anderen müssten bangen.

    Müllenbach räumte im Mitarbeiterbrief ein: "Es ist erneut unsere Pflicht, alles, wirklich alles in den kommenden Wochen auf den Prüfstand zu stellen." Doch bemühte er sich, auch ein wenig Hoffnung zu verbreiten. "Galeria ist zukunftsfähig", schrieb er und versprach, der Konzern werde weiter eine wesentliche Funktion für die deutschen Innenstädte wahrnehmen.

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