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Nach heftigem Unwetter: Wer zahlt bei Hagelschaden am Auto? Versicherer fürchten wachsende Hagelkörner

Kosten teils auch steuerlich absetzbar

Nach heftigem Unwetter: Wer zahlt bei Hagelschaden am Auto? Versicherer fürchten wachsende Hagelkörner

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    Ein etwa fünf Zentimeter messendes Hagelkorn nach einem lokalen Hagelschauer in Oberbayern. Die Größe der Hagelkörner nimmt immer mehr zu und richten dadurch immer höhere Schäden an, sagen Versicherer.
    Ein etwa fünf Zentimeter messendes Hagelkorn nach einem lokalen Hagelschauer in Oberbayern. Die Größe der Hagelkörner nimmt immer mehr zu und richten dadurch immer höhere Schäden an, sagen Versicherer. Foto: Beatrix Ta/dpa

    Wer zahlt, wenn mein Auto bei einem Gewitter einen Schaden durch Hagel oder herabstürzende Äste hat?

    Zerschlagen Hagelkörner Autoscheiben oder zerbeulen die Karosserie, wie am Wochenende in Kempten, ist das laut ADAC ein Fall für die Kfz-Teilkaskoversicherung. Unerlässlich ist die Teilkasko auch bei Sturmschäden durch herabfallende Äste, Dachziegel und umgestürzte Bäume. Jedoch nur, wenn mindestens Windstärke acht gemessen wurde. Das ist eine Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 Kilometer pro Stunde.

    Hochwasser - wer zahlt dann?

    Nicht alle Schäden sind laut Automobilclub aber durch die Teilkasko abgedeckt. Etwa bei Hochwasser: Wird ein Fahrzeug in einer vollgelaufenen Tiefgarage beschädigt, besteht Versicherungsschutz. Nicht jedoch bei einem Fahrzeugschaden, der durch eine überschwemmte Straße entstanden ist. Bei Haftungsfragen gilt die Faustregel: Kommt das Wasser zum Auto, zahlt die Versicherung. Kommt das Auto zum Wasser, dann nicht.

    Ist Wasser in den Innenraum gelaufen, empfiehlt der ADAC, die Versicherung zu informieren und das Fahrzeug abschleppen zu lassen. Unwetterschäden sollte man sofort der Teilkaskoversicherung melden. Der ADAC rät davon ab, einen Gutachter ohne Absprache mit der Versicherung zu bestellen. Dann könnte man auf den anfallenden Reparaturkosten sitzen bleiben.

    Versicherer: Hagelkörner werden größer

    Die Serie schwerer Hagelstürme in diesem Sommer beunruhigt nicht nur die Bürger, sondern auch Deutschlands Versicherungen. Die Branche beobachtet seit Jahrzehnten steigende Unwetterschäden - nicht kontinuierlich von Jahr zu Jahr, aber im Langfristtrend sichtbar. "Bei Naturgefahren sehen wir, dass Frequenz und Intensität der Ereignisse zunehmen", sagte Jörg Asmussen, der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

    Die Daten sprechen eine deutliche Sprache: Der durchschnittliche Sturm- und Hagelschaden an Wohngebäuden hat sich laut GDV von 1976 bis 2019 von 376 auf 1591 Euro pro Schadenmeldung mehr als vervierfacht. Dabei gibt es ein Auf und Ab ruhiger und stürmischer Jahre, doch der Trend geht insgesamt nach oben. Die Zahlen zu den Schäden sind inflationsbereinigt, dabei nicht eingerechnet sind die Sturm- und Hagelschäden in der Landwirtschaft und an Autos.

    Die Geowissenschaftler des Rückversicherers Munich Re gehen davon aus, dass die Hagelschäden in Mitteleuropa in den nächsten Jahrzehnten wegen des Anstiegs der Temperaturen weiter zunehmen werden - und zwar ganz erheblich. In einer 2020 gemeinsam mit dem European Severe Storms Laboratory publizierten Studie prophezeien die Meteorologen des Münchner Unternehmens, dass auch bei einer gemäßigten Erwärmung der Durchschnittstemperatur um 2,4 Grad Celsius die Hagelereignisse mit großen Körnern von mehr als fünf Zentimeter Größe bis Ende des Jahrhunderts um 30 bis 40 Prozent zunehmen könnten - in Teilen Italiens, an der östlichen Adriaküste und in Südfrankreich sogar noch stärker.

    Charakteristisch ist, dass die Intensität einzelner Stürme zunimmt. "So hat im vergangenen Jahr beispielsweise nur ein einziges Sturmtief mit 700 Millionen Euro ein Drittel der gesamten Naturgefahrenschäden für 2020 verursacht", sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen.

    Das größte in Deutschland bislang gefundene Hagelkorn hatte nach Angaben der Düsseldorfer Ergo-Versicherung einen Durchmesser von 13 Zentimeter, das war 2013 in Baden-Württemberg. "Besonders schadenrelevant" für Gebäude sind laut Munich Re Hagelkörner von mehr als 5 Zentimeter Größe. In der Landwirtschaft können auch kleinere Körner die Ernte auf einem Feld zerstören.

    Schäden durch Unwetter: unter Umständen von der Steuer absetzbar

    Wer durch Unwetter einen Schaden erlitten hat, kann die Kosten für die Schadensbehebung unter Umständen steuerlich absetzen. Wie das geht und was dabei zu beachten ist, erklärt der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe.

    In Fällen, in denen ein Schaden nicht von der Versicherung übernommen wird, gibt es unter Umständen die Möglichkeit, die Ausgaben rund um die Schadensbeseitigung von der Steuer abzusetzen. Dabei ist von Bedeutung, in welchem Verhältnis der Betroffene zur Immobilie steht: Selbstnutzer, Vermieter oder Mieter.

    • Vermieter: Unwetterbedingte Reparaturkosten als Werbungskosten absetzen
    • Ein Vermieter gibt in seiner Steuererklärung seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an. An dieser Stelle kann er in der Regel auch die notwendigen Ausgaben rund um die Behebung unwetterbedingter Schäden als Werbungskosten geltend machen. Eine zweite Möglichkeit: Für Wiederherstellungskosten können unter Umständen Sonderabschreibungen infrage kommen, wobei die Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu beachten und am besten von einem Einkommensteuerexperten zu prüfen sind.
    • Selbstnutzer und Mieter: Kosten für die Schadensbeseitigung als außergewöhnliche Belastung absetzen
    • Kosten, die im Zusammenhang mit Unwetterschäden entstehen, können unter bestimmten Bedingungen als außergewöhnliche Belastungen in die Steuererklärung eingetragen werden. Das gilt auch für Mieter, wenn beispielsweise Schönheitsreparaturen nötig sind, die der Vermieter nicht übernimmt.

    Wer solche unwetterbedingten Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen geltend machen will, muss folgende Bedingungen beachten:

    • Der Schaden darf nicht durch eigenes Verschulden beziehungsweise durch einen Dritten verursacht worden sein. Er muss sich auf ein sogenanntes unabwendbares Ereignis - also zum Beispiel auf Blitzeinschlag,
    • Starkregen, Hagel oder Sturm - zurückführen lassen.
    • Betroffene müssen alle Versicherungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben: Einen Abzug der Kosten zur Schadensbeseitigung und Wiederbeschaffung lässt der BFH nur zu, wenn es keine Möglichkeit gab, eine "allgemein zugängliche und übliche Versicherung" abzuschließen. Dazu zählen beispielsweise eine Gebäudeversicherung oder Hausratversicherung - nicht aber eine sogenannte Elementarversicherung gegen Überschwemmung, Erdbeben, Erdrutsch.
    • Hat das Unwetter-Opfer von einer Versicherung eine Erstattung beziehungsweise andere finanzielle Hilfen erhalten, sind die Schadenskosten um diese Beträge zu kürzen.
    • Die Schadensbeseitigung und die Wiederbeschaffung von Zerstörtem sollten in einer gewissen zeitlichen Nähe zum Schadenseintritt stattfinden. Konkret: Das Finanzamt akzeptiert Erwerbungen und Reparaturarbeiten innerhalb von drei Jahren nach dem Unwetterereignis.
    • Das Finanzamt kann die Vorlage von Rechnungen und anderen geeigneten Nachweisen verlangen, um die Schadenskosten und deren ordnungsgemäße Begleichung zu belegen.

    Gut zu wissen: Bei den außergewöhnlichen Belastungen berechnet der Fiskus zunächst einmal für jeden Einzelnen eine sogenannte zumutbare Eigenbelastung, die sich individuell an der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderanzahl orientiert. Erst Kosten, die diese Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, wirken sich steuermindernd aus. Neben den unwetterbedingten Kosten fallen zum Beispiel auch Krankheits- und Kurkosten in die Kategorie der außergewöhnlichen Belastungen.

    Katastrophenerlasse sichern Steuererleichterungen

    Wüten Unwetter in einer ganzen Region oder in mehreren Regionen, so kann das zuständige Finanzministerium auf diese breitenwirksamen Ereignisse reagieren: Katastrophenerlass lautet das Stichwort in diesem Zusammenhang. Konkret bedeutet das, dass der Fiskus den Geschädigten entgegenkommt, um unbillige Härten zu vermeiden. So können zum Beispiel besondere Steuererleichterungen oder bestimmte vereinfachende Verfahrensregeln beschlossen werden. Gelten solche Erlasse, ist es im Allgemeinen auch leichter, Kosten für die Schadensbeseitigung als außergewöhnliche Belastungen abzusetzen. Grundsätzlich entscheidet das jeweilige Finanzministerium von Fall zu Fall, welche Erleichterungen in welchem Umfang gewährt werden.

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