Wird mehr kontrolliert, wird auch mehr gefunden – so stark verkürzt könnte man den aktuellsten jährlichen Bericht der Heimaufsicht lesen, der sich um den Stand in den Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt dreht. Doch die Zahlen haben es in sich: In den 693 Pflegeheimen des Bundeslands wurden allein im vergangenen Jahr weit über 1100 Mängel festgestellt. Ist die Qualität der Pflege in Gefahr? Schließlich gibt es in ganz Deutschland immer mehr Pflegebedürftige. Der Anstieg der Mängel wird auf einen besonderen Grund zurückgeführt.
Welche Not haben Pflegeheime?
In Deutschland gibt es gemäß Statistischem Bundesamt etwa fünf Millionen pflegebedürftige Menschen. Tendenz steigend. Auch wenn die Pflege immer wieder Anpassungen und Änderungen erfährt – ab 2025 stehen beispielsweise für alle Leistungen der Pflegeversicherung Erhöhungen an -, geht es für Patientenschützer nicht schnell genug. Um einen Notstand zu vermeiden, fordern sie schnelle Reformen.
Allein bis 2049 fehlen laut Bundesamt bis zu 690.000 Fachkräfte in der Pflege. Die Not in der Branche macht sich schon jetzt an Stellen bemerkbar: Das zeigt der Blick in die Pflegeheime Sachsen-Anhalts. Das Landesverwaltungsamt, unter dem auch die Heimaufsicht angesiedelt ist, zeichnet in ihrem aktuellsten Bericht ein klares Bild. Amtspräsident Thomas Pleye erklärt, dass die Kontrollen der Heimaufsicht bedeutsam seien, „um die Qualität in den Pflegeeinrichtungen zu prüfen und aufrechtzuerhalten“. Die Zahl der festgestellten Mängel kletterte von 742 im Jahr 2022, auf 1145 Mängel nur ein Jahr später.
Wer überprüft die Qualität von Pflegeeinrichtungen?
Nach Angaben des Landesverwaltungsamts gab es in Sachsen-Anhalt 2023 rund 39.000 Pflegeplätze in 693 stationären Einrichtungen. Die Überprüfungen der Heime seien wichtig, so Präsident Pleye, der sagt: „Unsere Kolleginnen und Kollegen der Heimaufsicht erledigen eine für die Gesellschaft sehr wichtige Aufgabe, um den betroffenen Personen, die auf Hilfe Anderer angewiesen sind, ein angenehmes und professionelles Umfeld zu schaffen.“ Das Amt ist zuständig für die Umsetzung des Gesetzes über Wohnformen und Teilhabe des Landes Sachsen-Anhalt sowie daraus resultierenden Verordnungen. Die Mitarbeiter überwachen die Einhaltung der Qualitätsanforderungen – die sogenannte Heimaufsicht. Dabei geht es eigenen Angaben zufolge etwa um Personalschlüssel, Medikamentenumgang, Einhalt hygienischer Anforderungen, Essensqualität sowie Ausführung und Dokumentation der Pflege.
Ein Drittel der 2023 festgestellten Mängel fiel in den Bereich der personellen Anforderungen, so das Amt, mehr als ein Viertel in die Bereiche der Pflege und Betreuung. Insgesamt 134 Beschwerden und damit ein Viertel mehr als noch 2022 ging von Angehörigen, Bewohnern und Personal ein. Heimaufsicht-Leiterin Monika Wicklein sagt gegenüber bild.de, dass sich Mitarbeiter meist anonym melden würden. Immerhin verberge sich bei 40 Prozent der Meldungen tatsächlich ein Mangel dahinter. Für sieben Heime habe man einen Aufnahmestopp verhängt, „in der Regel, weil es nicht genug Personal gab“, so Referatsleiterin Wicklein.
Um dem Fachkräftemangel in der ganzen Pflege entgegenzuwirken, möchten beispielsweise Kliniken den Pflegeberuf attraktiver machen. Auch sollen Pflegekräfte unter anderem mehr medizinische Aufgaben übernehmen dürfen. Der Einsatz von KI in der Pflege gewinnt offenbar ebenso an Bedeutung, der von Robotern in der Pflege wird bereits erprobt.
Übrigens: Wie die Techniker Krankenkasse berichtet, erreichte der Krankenstand der Pflegekräfte im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 29,8 Tagen ein Rekordhoch.
Pflege: Wieso gibt es mehr Mängel?
Die Kosten für einen Platz im Pflegeheim sind 2024 weiter angestiegen. Entsprechend genau verfolgen Betroffene und Angehörige, wie sich die Qualität in den Pflegeeinrichtungen entwickelt. Dass im zurückliegenden Jahr in Sachsen-Anhalt deutlich mehr Mängel festgestellt worden sind, führt der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Pleye, zurück auf eine erhöhte Kontrollintensität hin zu einem Niveau, „wie es vor den Pandemiejahren der Fall war“. So sei der Mängel-Zuwachs eben auch folglich auf das Ende der pandemischen Situation zu beziehen. Die regelmäßigen Überprüfungen würden wieder den Umfang annehmen, wie vor der Corona-Krise.
Doch Pleye schaut im Bericht auch nach vorn. So verzeichne das Amt seit einigen Jahren einen Trend hin zu mehr ambulanten Einrichtungen. Er erklärt: „Größere Individualität und Selbstbestimmtheit sind dabei ausschlaggebende Argumente bei der Wahl dieser Wohnform. Auch die Ähnlichkeit zum häuslichen Umfeld, die bessere Einbindung sozialer Netzwerke, die Einbindung in das Quartier und die individuellere Wahl von Leistungen und Leistungserbringern sind weitere Gründe.“
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