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Pflegekraft sorgt mit Kündigung für Aufsehen: Dafür ist der Entlastungsbetrag nicht da

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Pflegekraft sorgt mit Kündigung für Aufsehen: Dafür ist der Entlastungsbetrag nicht da

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    Eine Pflegekraft betreut in einem Seniorenhaus einen Bewohner.
    Eine Pflegekraft betreut in einem Seniorenhaus einen Bewohner. Foto: Marijan Murat, dpa (Symbolbild)

    Der Entlastungsbetrag in der Pflege ist gesetzlich dafür vorgesehen, pflegende Angehörige zu entlasten und Pflegebedürftigen zusätzliche Betreuung im Alltag zu ermöglichen. Doch was passiert, wenn diese Hilfe zunehmend als billige Reinigungskraft missverstanden wird? Eine Pflegekraft aus Düsseldorf hat nun die Reißleine gezogen – und sorgt damit bundesweit für Aufsehen.

    Übrigens: Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Die Leistung soll vor allem pflegende Angehörige entlasten und Pflegebedürftigen zusätzliche Unterstützung im Alltag ermöglichen. Dennoch bleibt das Geld vielerorts ungenutzt. Dabei kann die Leistung nicht nur für Haushaltshilfe, sondern auch für Betreuung oder Kurzzeitpflege verwendet und bis zu Ende Juni des Folgejahres rückwirkend geltend gemacht werden. Auch im Jahr 2025.

    Ärger um den Entlastungsbetrag – Deshalb kündigte eine Pflegerin

    Vanessa Lehnert ist Gründerin des ambulanten Betreuungsdienstes „Alltagshilfe Lehnert“. In einem TikTok-Video, das inzwischen über 500.000 Mal geklickt wurde, berichtet sie von einer Kündigung, die sie bei einem Kunden mit Pflegegrad 2 ausgesprochen hat. Drei Stunden pro Monat habe sie ihn im Rahmen des Entlastungsbetrags betreut – doch statt Alltagsbegleitung sei regelmäßig eine Grundreinigung der Wohnung verlangt worden.

    „Heute hieß es, ich soll die Mikrowelle, den Flur, den Kühlschrank, die Küche, dies, dies und dies putzen“, erzählt Lehnert im Video. Ihre Entscheidung: „Nein, das möchte ich nicht mehr – auch nicht für meine Mitarbeiter.“

    Entlastungsbetrag in der Pflege: Was ist das?

    Pflegebedürftige, die zu Hause betreut werden, haben ab Pflegegrad 1 seit 2025 Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag von 131 Euro (§45b SGB XI). Der Entlastungsbetrag muss nicht beantragt werden und steht allen Pflegebedürftigen zu. Laut der Verbraucherzentrale darf er ausschließlich für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verwendet werden – etwa für Hilfe beim Einkauf, bei leichten Haushaltsaufgaben oder zur Entlastung pflegender Angehöriger durch Betreuungsangebote.

    Auch hauswirtschaftliche Hilfen wie Staubsaugen, Wäschewaschen oder gelegentliches Bodenwischen können darunter fallen – sofern sie Teil eines anerkannten Betreuungskonzepts sind und nicht als vollständiger Reinigungsdienst auftreten. Das Bundesgesundheitsministerium stellt klar: Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden und darf nicht pauschal für körperbezogene Pflege oder professionelle Reinigungsdienste verwendet werden.

    Gerade hier verschwimmen in der Praxis die Grenzen: Viele Anbieter berichten, dass von ihnen regelmäßig Reinigungsleistungen erwartet werden, die weit über die zulässigen Hilfen im Alltag hinausgehen. Auch Lehnert betont im Gespräch auf Anfrage von Ippen.Media: Eine Alltagshilfe unterstütze und begleite pflegende Angehörige oder Pflegebedürftige. Dazu gehörten auch leichte hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Kochen, Waschen, Bügeln oder Boden reinigen. Sie stellt jedoch auch klar: „Wir sind keine Putzfrauen, wir sind Alltagsbegleiter.“ Ihre Kündigung in speziell diesem Fall habe sie nicht leichtfertig getroffen, doch sie habe den Eindruck gehabt, dass es an Wertschätzung für die Leistung fehle und diese als selbstverständlich angesehen worden sei.

    Entlastungsbetrag für Grundreinigung? TikTok-Video spaltet die Pflege-Community

    Die Reaktionen auf die Kündigung fallen im Netz gemischt aus. Einige Pflegekräfte berichten unter dem viralen Video von ähnlichen Erfahrungen. „Pflegekräfte lassen sich viel zu viel gefallen“, heißt es in den Kommentaren. Eine Nutzerin schreibt: „Erschreckend, wie viele denken, sie könnten sich von den Entlastungsleistungen eine kostenlose Putzfrau gönnen.“

    Allerdings zeigen sich auch viele Kommentatoren erzürnt über die Kündigung. „Unmöglich – erst kassieren und sich dann beschweren“, lautete ein Kommentar. Ein anderer Nutzer unterstellte Lehmann Geldgier: „Bei der Reaktion hätte ich dich rausgeschmissen.“ Lehnert zeigt sich davon im Gespräch mit Ippen.Media verletzt: „Das hat mich echt schockiert und gekränkt. Die Menschen wissen nicht, was wir den ganzen Tag leisten.“

    Die Debatte zeigt: Der Bedarf an Klarheit, was der Entlastungsbetrag leisten soll – und was nicht – ist groß. Laut Verbraucherzentrale ist es Aufgabe der Pflegekassen, über die Zweckbindung und die zugelassenen Anbieter zu informieren. Dennoch berichten zahlreiche Pflegekräfte von wiederkehrender Zweckentfremdung und mangelnder Abgrenzung.

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