Es wäre das endgültige Aus für Nord Stream und würde alle Spekulationen über eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Ostseepipelines beenden: Geht es nach dem Willen der EU-Kommission, soll bis Ende 2027 kein Gas aus Russland mehr in die Europäische Union importiert werden. Am Dienstag stellte der EU-Energiekommissar Dan Jørgensen einen Plan vor, wie die Union ihre Abhängigkeit von russischen Energieträgern abschütteln und die Energieversorgung langfristig sicherer machen soll. Die Rede ist von einem „geordneten und stufenweisen“ Ausstieg. Wie voll sind die Gasspeicher in Deutschland? Das erfahren Sie hier.
Wie sehen die Pläne der EU-Kommission zum Verbot von Gas-Importen aus Russland aus?
Zunächst ist vorgesehen, ab 2026 das Abschließen neuer Lieferverträge für russisches Gas zu verbieten. Auch soll es untersagt werden, mittels bestehender Abkommen kurzfristig russische Gasimporte auf dem Spot-Markt, dem dafür zuständigen Handelsplatz, zu beziehen. Erst danach soll der große Brocken folgen: die langfristigen Abmachungen, die bis spätestens 2027 auszulaufen hätten. Zwei Drittel der Einfuhren des fossilen Brennstoffs aus Russland beruhen noch auf diesen alten Verträgen. Ihre Kündigung gilt als rechtlich komplex und wirtschaftlich schmerzhaft. Es ist der Grund, warum sich die Gemeinschaft so lange schwer damit tat, die Verbindungen zu kappen. Zu abhängig, zu verletzlich, zu riskant – so lautete das Argument.
Warum will die EU-Kommission überhaupt die Einfuhr von Gas aus Russland stoppen?
Der Import stelle „eine Sicherheitsbedrohung für Europa“ dar, sagte Jørgensen. Mit dem Vorstoß stärke die Union ihre Energieunabhängigkeit und verringere zugleich die Einnahmen, „mit denen Putin seinen Krieg finanziert“. Neben dem Stopp von Lieferungen sollen auch Dienstleistungen für den Import von Flüssigerdgas (LNG) unterbunden werden. Ausnahmen will man nur noch für einige Binnenstaaten machen, die derzeit stark auf russisches Pipeline-Gas angewiesen sind. Dazu gehören Ungarn und die Slowakei, die bereits Widerstand gegen die Pläne ankündigten – und für Ärger sorgen dürften.
Wie viel Gas kommt noch aus Russland in die EU?
Tatsächlich stammten laut EU-Kommission auch 2024 noch rund 19 Prozent der EU-Gasimporte aus Russland, darunter sowohl LNG als auch Pipeline-Gas, etwa über den Turkstream. Der Wert der Einfuhren von natürlichem und verarbeitetem Gas betrug der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge allein 2024 rund 15,6 Milliarden Euro. Während die EU nach Russlands Invasion im Februar 2022 weitgehende Einfuhrverbote für Kohle oder Öl beschlossen hatte, strömte das Gas weiter – trotz Gewalt und Leid in der Ukraine, trotz lautstarker Kritik aus Kiew, trotz „Zeitenwende“.
EU will kein Gas mehr aus Russland: Was bedeutet das für die Verbraucher?
Die EU-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die verbleibenden russischen Gasimporte „ohne wesentliche wirtschaftliche Auswirkungen oder Gefährdung der Versorgungssicherheit“ eingestellt werden könnten – „dank ausreichend verfügbarer Alternativen auf dem globalen Gasmarkt, einem gut vernetzten EU-Gasmarkt und ausreichender Importinfrastruktur innerhalb der Union“. Auf die Verbraucherpreise würde sich nach Einschätzung der Behörde der Schritt demnach nur im geringen Ausmaß auswirken und auch Versorgungsengpässe sollen verhindert werden. „Kein Mitgliedstaat wird infolge dieses Vorschlags ohne Energie dastehen“, versprach Jørgensen. Dieser enthalte Absicherungsmechanismen, „um auf die Marktrealität zu reagieren und Unternehmen ein solides rechtliches Fundament zu bieten“.
Geplantes Verbot für Gas-Import aus Russland: Sind deutsche Unternehmen betroffen?
Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission vorgeschlagen kommen, könnte auch das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe betroffen sein. Auf Basis eines bestehenden, langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus Russland in die EU. Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise verstaatlicht. Einem Bericht von Anfang des Jahres zufolge importierte Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel LNG in die Europäische Union wie noch 2023. Von Sefe hieß es bislang, es gebe keine rechtliche Grundlage für die Kündigung oder Aussetzung eines bestehenden Altvertrags zwischen einem russischen Lieferanten und dem Unternehmen. Selbst wenn Sefe das Gas nicht abnähme, müssten die vereinbarten Mengen bezahlt werden. Die Nichtabnahme würde dem Lieferanten ermöglichen, diese Mengen erneut zu verkaufen, was die russische Wirtschaft unterstützen würde.
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