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Kommentar: Lauterbach macht eine Klinikreform im Trump-Stil

Kommentar

Lauterbach macht eine Klinikreform im Trump-Stil

Michael Pohl
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    SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach stellt die Krankenhausreform in der Bundespressekonferenz vor.
    SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach stellt die Krankenhausreform in der Bundespressekonferenz vor. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Kaum ein Gesetz dieser Bundesregierung hat für Millionen Deutsche im Ernstfall so eine große Tragweite wie die geplante Krankenhausreform. Sie könnte darüber entscheiden, ob die Menschen auch auf dem Land weiterhin eine angemessene und schnelle Versorgung im Notfall erhalten. Und ob bald in Stadt und Land bei Operationen lange Wartelisten drohen. 

    Fast alle Fachleute aus den unterschiedlichsten Bereichen des Gesundheitssystems eint die Diagnose, dass eine große Krankenhausreform in Deutschland wegen des Bevölkerungswandels notwendig ist. Einerseits wächst die Zahl der älteren Menschen, die mehr ärztliche und auch klinische Behandlung brauchen. Auf der anderen Seite gibt es schlicht weniger Menschen in der jüngeren Bevölkerung, aus der künftiges Medizin- und Pflegepersonal zur Verfügung steht. Und nicht zuletzt spielen die Kosten eine zentrale Rolle.

    Nur die Notwendigkeit einer Krankenhausreform ist unumstritten

    Trotz dieser Einsichten zieht Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit seinem Gesetzentwurf fast von allen Seiten massive Kritik auf sich. Das hat sowohl mit umstrittenen Inhalten der Reform zu tun als auch mit dem davon nicht zu trennenden Verhalten und Stil des SPD-Gesundheitsministers.

    Lauterbachs Art lässt mitunter an Donald Trump denken: Weil er keine Mehrheit in der Länderkammer findet, will er auf verfassungsrechtlich wie demokratisch fragwürdige Weise den Bundesrat umgehen und später besonders umstrittene Punkte dekretartig als Ministerverordnung umsetzen.

    Lauterbach droht ebenso, die Gesellschaft zu spalten, indem er einseitig die Ballungszentren mit Universitätskliniken bevorzugt. Die kleinen Kliniken – vor allem in ländlichen Regionen – fürchten um ihre Existenz. Sie warnen, dass die versprochenen „Vorhaltepauschalen“ sich als Mogelpackung erweisen, weil viele Häuser die dafür verschärften Leistungskriterien nicht erfüllen könnten.

    Den Menschen abseits der Großstädte droht, den Preis für die Reform zahlen zu müssen

    Die Furcht ist groß, dass sich unter dem Deckmantel einer Qualitätssteigerung am Ende die Versorgung vor Ort tatsächlich verschlechtert. Entgegen Lauterbachs Versprechungen dürften die Kliniken abseits der Großstädte den Preis dafür zahlen, dass es künftig weniger Krankenhäuser in Deutschland geben soll. Mit diesen Kliniken würden zudem viele dort bislang arbeitende Notärzte aus der Fläche verschwinden.

    Der Minister verspricht, dass seine Reform den ökonomischen Druck der Krankenhäuser lindert. In Wahrheit war der ökonomische Druck auf die Kliniken noch nie so groß wie unter der Verantwortung Lauterbachs, der sich weigert, Inflationskosten auszugleichen. Schlagzeilen machen steigende Insolvenzen, doch unbemerkt werden an vielen Kliniken Stationen geschlossen, Patienten an andere Häuser abgewiesen und der Druck auf die Beschäftigten erhöht. 

    Die riskanten Nebenwirkungen der Reform sind unberechenbar

    Wenn eine Reform dieser Tragweite gelingen soll, darf die Politik sie nicht wie Lauterbach gegen alle Beteiligten machen, sondern in Zusammenarbeit mit ihnen. Eine solche Reform braucht mindestens ein Jahrzehnt Zeit und muss vor Ort im Dialog mit der Bevölkerung und Verantwortlichen in Politik und Medizin umgesetzt werden. Voraussetzung ist ein langfristig haltender Konsens zwischen Bund, Ländern und den großen Parteien. 

    Lauterbachs Alleingang ist dagegen unberechenbar und riskant. Sogar die einst angekündigte Folgenabschätzung bleibt der Minister schuldig. Wäre Lauterbachs Reform eine Medizin für den Menschen, bekäme sie angesichts der drohenden ungeprüften Nebenwirkungen nie eine Zulassung.

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