Ein Jahr nach der Juni-Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland kündigt die Bundesregierung eine neue Versicherungspflicht für Wohngebäude an. „Wir brauchen eine bessere Absicherung vor Naturkatastrophen, dazu gehört auch ein breiter Versicherungsschutz gegen Elementarschäden“, sagte die neue Justiz- und Verbraucherministerin Stefanie Hubig unserer Redaktion.
„Die Folgen von Hochwasser und Starkregen sind oft ein Albtraum für die Betroffenen“, betonte die SPD-Politikerin. „Vor einem Jahr hat es weite Teile von Bayern und Baden-Württemberg heftig getroffen: Die Bilder von den Hochwassern im Juni 2024 haben sich uns eingebrannt“, sagte Hubig. „Der Klimawandel macht solche Extremwetterereignisse wahrscheinlicher und heftiger“, fügte sie hinzu. „Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb vereinbart, den Versicherungsschutz gegen Elementarschäden auszuweiten.“

Offen ist, ob Privatbesitzer auf den Versicherungsschutz verzichten können
Den Koalitionsplänen zufolge gilt die Pflicht zunächst für die Versicherungswirtschaft: Bei Neuverträgen sollen Wohngebäudeversicherungen nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten werden und im Bestandsgeschäft sollen sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarversicherung erweitert werden. Eine staatliche Rückversicherung soll die Kostenrisiken für die privaten Versicherungsunternehmen und die Prämien für Hausbesitzer im Griff halten. Offen ist noch, ob Privatbesitzer unter bestimmten Voraussetzungen auf den Versicherungsschutz verzichten können.
„Das Vorhaben ist anspruchsvoll“, sagte Ministerin Hubig. „Weder die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer noch die Mieterinnen und Mieter dürfen finanziell überfordert werden, aber Nichtstun ist keine Option“, betonte sie. „Noch in dieser Wahlperiode wollen wir handeln: mit einem Gesetz, das schützt, vorsorgt und solidarisch absichert“, kündigte die Justizministerin an. „Der Klimawandel schreitet voran, ohne besseren Versicherungsschutz wird es in Zukunft nicht gehen.“ Bislang komme oft der Staat mit Steuergeld zu Hilfe, wenn das Wetter ganze Landstriche verwüste. „Hilfe für die Betroffenen darf aber nicht von Ad-hoc-Entscheidungen der Politik abhängen“, so Hubig.
54 Prozent verfügen über eine Elementarschadenversicherung
Bundesweit verfügen 54 Prozent über eine Elementarschadenversicherung, wie aus Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervorgeht. In Bayern liegt die Quote mit 47 Prozent noch niedriger, in Baden-Württemberg, wo jahrzehntelang eine Versicherungspflicht galt, sind es 94 Prozent. Das Problem ist: Vor allem in Risikogebieten, wo die Gefahr für Hochwasser groß ist, sind die Aufschläge nach dem bisherigen Modell immens. Das Vergleichsportal Check24 hat errechnet, dass die Kosten, je nach Lage, für ein Einfamilienhaus ohne Keller um bis zu 1600 Euro im Jahr steigen könnten.
„Eine Pflichtversicherung verhindert keine Wetterextreme“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin. Der Verband befürwortet den Vorschlag der Bundesregierung, allerdings komme es auf die Ausgestaltung an. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, bezahlbaren Versicherungsschutz für alle Hausbesitzenden langfristig zu sichern.“ Zudem müsse es ein gesetzliches Bauverbot in Überschwemmungsgebieten geben. Sonst kämen zu den bestehenden, enormen Risiken weitere dazu.
Die Hochwasserkatastrophe von Anfang Juni 2024 traf viele Orte an kleineren Flüssen und Bächen und richtete in Süddeutschland Schäden in Höhe von 4,1 Milliarden Euro an. Davon war nach Angaben der Versicherungswirtschaft die Hälfte nicht versichert.
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