Große Präsidenten wie Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy oder Barack Obama haben hier studiert. Auch prominente Ausländer wie der aus Südkorea stammende ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon oder der indische Industrielle Ratan Tata erwarben an der ehrwürdigen Lehranstalt im Bundesstaat Massachusetts ihren Abschluss. Doch ab sofort soll der Zugang zur Elite-Universität Harvard für Ausländer versperrt sein. Die Trump-Regierung hat der Hochschule untersagt, weiterhin nicht-amerikanische Studentinnen und Studenten aufzunehmen.
Trumps Kampf gegen US-amerikanische Elite-Universitäten eskaliert
Die beispiellose Eskalation im Streit zwischen der 1636 gegründeten, wohl besten Universität der USA und ihrem rachsüchtigen Präsidenten wurde am Donnerstag von Heimatschutzministerin Kristi Noem verkündet. In einem Schreiben forderte sie die Hochschule ultimativ zur Herausgabe sensibler personenbezogener Daten über sämtliche ausländische Studierenden und Lehrenden der letzten Jahre auf. Dazu gehören auch Videoaufnahmen aller Proteste auf dem Campus. Dort herrsche eine Atmosphäre, die „feindselig gegenüber jüdischen Studenten“ sei und „rassistische Ansichten“ verbreite, behauptete die Politikerin. Außerdem warf sie Harvard vor, mit der Kommunistischen Partei Chinas zusammenzuarbeiten.
Das Heimatschutzministerium will der Universität die Zertifizierung des Student and Exchange Visitor Program (SEVP) entziehen. In der Folge würden neue ausländische Studenten kein US-Visum mehr erhalten. Die 6800 internationalen Akademiker, die derzeit in Harvard eingeschrieben sind, müssten kurzfristig an andere Hochschulen wechseln, um ihren Aufenthaltsstatus nicht zu verlieren. „Das ist bösartig, das ist dumm und das ist zerstörerisch“, protestierte der ehemalige US-Finanzminister und Ex-Harvard-Präsident Lawrence Summers: „Das ist der Stoff, aus dem Tyranneien gemacht werden.“
Eine Vernichtungsschlacht gegen die renommierteste Hochschule der USA
Die Entscheidung werde „unmittelbare und verheerende“ Konsequenzen für ihren Studenten haben, argumentiert auch die Universität, die am Freitagmorgen rechtlichen Einspruch gegen die Anordnung erhob. Wenige Stunden später setzte Bundesrichterin Allison Burroughs mit einer einstweiligen Verfügung den Visa-Stopp vorübergehend aus. Für Dienstag ist eine Anhörung vor dem Gericht in Boston angesetzt. Harvard wirft der Trump-Regierung eine „Vergeltungskampagne“ für seine Weigerung vor, Lehrpläne und Personalauswahl den antiliberalen Vorgaben Washingtons anzupassen. „Mit einem Federstrich versucht die Regierung, ein Viertel der Studentenschaft von Harvard auszuschließen“, heißt es in der Klage. Doch: „Ohne seine internationalen Studenten ist Harvard nicht Harvard.“
Tatsächlich ist der Kampf gegen den Antisemitismus an amerikanischen Hochschulen nur ein vorgeschobener Grund für Trumps Vernichtungsschlacht gegen die renommierteste Hochschule der USA. Nach problematischen Vorfällen bei Protesten gegen den israelischen Gaza-Krieg hat Harvard-Präsident Alan Garber längst entschieden reagiert. Trump geht es darum, die angebliche Brutstätte des „Marxismus“ auszuräuchern und unter seine Kontrolle zu zwingen. Nachdem sich Harvard seinem Ansinnen widersetzte, hat er bereits Zuschüsse von 2,6 Milliarden Dollar eingefroren. Außerdem lässt er die Aufhebung der Steuerbefreiung für die Hochschule prüfen.

Einwanderungsanwälte raten Studenten, die USA nicht zu verlassen
Kurzfristig kann Harvard mit einem üppigen Stiftungskapital von 50 Milliarden Dollar diese Einbußen verwinden. Der Ausschluss ausländischer Studierender würde aber nicht nur den internationalen Charakter des Campus vor den Toren von Boston verändern, sondern das gesamte Geschäftsmodell der Universität infrage stellen. Die Studiengebühren dort liegen derzeit – ohne Unterkunft und Verpflegung – bei 59.000 Dollar pro Semester. Viele amerikanische Studenten erhalten Nachlässe und Stipendien. Ausländische Jung-Akademiker, die eine solche Förderung nicht erhalten, leisten daher einen überproportionalen Anteil zur Finanzierung.
Unter den Studierenden in Harvard herrschen seit der Ankündigung des Visa-Stopps extreme Verunsicherung, Chaos und Angst. Nach amerikanischen Medienberichten wird in Chatgruppen fiebrig über mögliche Strategien diskutiert. Das Frühjahrssemester in Harvard endet offiziell am kommenden Montag. Normalerweise können die Studierenden jedoch auch über die Sommerpause in den USA bleiben, wenn sie für das bevorstehende Herbstsemester eingeschrieben sind. Wie der legale Status der ausländischen Akademiker in der kommenden Woche sein wird, ist vollkommen unklar. Einwanderungsanwälte raten den Studierenden, die USA vorerst keinesfalls zu verlassen, da sie an einer Wiedereinreise gehindert werden könnten.
Bruce Bartlett: „Das wird bald an jeder anderen US-Uni passieren“
Der konservative Ökonom Bruce Bartlett, der einst die republikanischen Präsidenten Ronald Reagan und H.W. Bush beriet, hält für künftige Interessenten einen finsteren Ratschlag bereit: „Internationale Studenten, die eine erstklassige englischsprachige Universität suchen, sollten sich Oxford, Cambridge, die University of Toronto und andere nicht-amerikanische Universitäten ansehen.“ Der Trump-Kritiker ist überzeugt: „Was in Harvard passiert, wird bald an jeder anderen US-Universität passieren.“

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