„Ich bin quasi auf dem Fußballplatz groß geworden“, sagt Christian Werner lachend. Knapp 80 Meter waren es von seinem Zuhause in einem kleinen Dorf in Thüringen bis hinüber zum Bolzplatz. Dorthin, wo noch das Fußballfieber grassiert, das viele im Profigeschäft inzwischen vermissen. Zu denen, die jedes Wochenende mit Herzblut ihrer Leidenschaft nachgehen, während der kommerzielle Fußball zunehmend in die Kritik gerät. Für sein neues Buch „An jedem verdammten Sonntag“ hat sich Werner, der mittlerweile als professioneller Fotograf in Leipzig wohnt und arbeitet, auf die Reise an jene Orte gemacht, an denen über Sieg und Niederlage entschieden wird. An denen Tränen fließen, gefeiert und geflucht wird, Liebesschwüre und Verwünschungen ausgetauscht werden.
Sechs Jahre lang quer durch Deutschland
Sechs Jahre lang hat diese Reise quer durch Deutschland gedauert – und sie führte ihn zum Abschluss auch ins Oberallgäu. „Ich habe für mein Buch dringend noch ein Motiv mit Bergen gebraucht. Ein befreundeter Fotograf war zuvor für ein anderes Projekt schon einmal in Rettenberg und er hat mir diese Gegend empfohlen“, erzählt Werner. So zog es ihn Ende Mai 2019, zwei Tage vor Abgabeschluss seines Manuskripts, an den Fuße des Grüntens und zu den Duellen der ersten und zweiten Mannschaften des gastgebenden FC Rettenberg und der DJK Seifriedsberg. Erst B-Klasse, dann Kreisklasse. „Es war ein wunderbarer Abschluss meiner Fotorecherche. Ich wurde sehr herzlich empfangen und hatte erst vor Kurzem noch einmal Kontakt mit den Verantwortlichen des FC Rettenberg“, erzählt der Fotograf. Sein Lieblingsmotiv aus dem Allgäu: eine Panoramaaufnahme der gesamten Sportanlage. Werner meint: „Das ist wie ein großes Wimmelbild, auf dem es so viel zu entdecken gibt.“ Letztlich haben es gleich mehrere Aufnahmen aus Rettenberg in das Buch geschafft.
200 Fotos sind auf 192 Seiten zusammengekommen
Knapp 200 Fotos sind auf den 192 Seiten insgesamt zusammengekommen. „Das Rohmaterial wird in etwa das Zehnfache gewesen sein“, erzählt der 39-Jährige, der nicht nur Spielmomente mit der Kamera eingefangen hat, sondern auch das Leben am Spielfeldrand gekonnt in Szene setzt: Würstchenbude und Vereinsheim, Umkleidekabine und Zuschauerränge. Mal amüsant, mal trist, aber immer authentisch. Das war dem Fotografen wichtig. „Ich wollte das wahre Leben auf den Sportplätzen darstellen. Diejenigen, die in den untersten Klassen spielen, sind die Basis des deutschen Fußballs. Ihnen ist es völlig egal, ob sie in Topform oder verkatert auf den Platz gehen. Ihnen ist die Gemeinschaft am wichtigsten und das beeindruckt mich“, sagt er. Er erzählt bewundert vom großen ehrenamtlichen Engagement der Kreisliga-Funktionäre und von der „Zähigkeit“ der Spieler. Werner: „Sie betreiben allesamt einen riesigen Aufwand für Trainings- und Spielbetrieb. Und dabei bekommen sie manchmal mit Mühe und Not gerade einmal elf Mann zusammen.“ Sein Bildband sei daher zu einer „echten Liebeserklärung an den Amateurfußball“ geworden – obwohl er selbst nie offiziell für einen Verein aufgelaufen ist. Er sagt lachend: „Mit viel motorischem Geschick bin ich leider nicht gesegnet.“
"Ihr Allgäuer habt es bei euch schon sehr schön"
Der berufliche Kurztrip ins Allgäu hat bei Werner übrigens nachhaltig Wirkung hinterlassen. Der 39-Jährige meint: „Ich bin zwar zuvor schon ein paar Mal durchgefahren, kannte die Gegend aber noch nicht so genau. Aber ich muss sagen: Ihr Allgäuer habt es bei euch schon sehr schön. Ich werde definitiv wiederkommen, keine Frage.