Applaus im Sitzungssaal für eine Stadtratsentscheidung ist höchst selten. Radfahrer im Zuhörerbereich applaudierten allerdings begeistert, als im Kemptener Bauausschuss einstimmig 290.000 Euro für den Bau einer zweieinhalb Kilometer langen Mountainbike-Strecke vom Mariaberg herunter abgesegnet wurden. Der Applaus war vermutlich auch ein Zeichen der Erleichterung: Die Entscheidung beendet voraussichtlich einen seit Jahren brodelnden Ärger von Landwirten, Jägern und Naturschützern über kreuz und quer den Berg herunterbrettelnde Mountainbiker.
„Weder Landwirte noch Jäger sind begeistert“ selbst über das, was jetzt geplant ist, sagte eingangs der Beratung der städtische Wirtschaftsreferent Dr. Richard Schießl.
Der Spaßfaktor ist hoch, das Risiko gering.Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann über die geplante Strecke
Drei Jahre lang hat er mit den Grundstückseigentümern und Nutzern des Geländes diskutiert. Drei Jahre lang ging es um Interessenskonflikte. Mountainbiker wollen ihren Freizeitspaß haben. Die Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe von Kempten sind begrenzt. Der Weg nach Hindelang bis zum nächsten „Mountainbike-Trial“, wie ein vorgebauter Parcours in der Radlersprache heißt, ist zu weit, wenn es darum geht, sich schnell mal nach Feierabend austoben zu wollen. Also fahren viele einfach den Mariaberg herunter, durch Waldstücke, über Wiesen, quer durch Jagdreviere.
So geht's an der Strecke in Hindelang rund:
Die Grundstücksbesitzer tolerierten das irgendwann nicht mehr einfach so. Zäune wurden errichtet, Wege mit Drähten versperrt. Das allerdings ließen sich Radler nicht einfach so gefallen. Zäune wurden niedergerissen, Drähte abgerissen. Schießl hat eigenen Worten „so etwas noch nie erlebt“ – dass nämlich bei Gesprächen unterstellt wurde, die Verwaltung wolle „irgendetwas“ gegen die Interessen der Besitzer durchsetzen.

Sechs Korridore wurden schließlich vorgeschlagen, um das Mountainbiken am Mariaberg zu kanalisieren. Die Strecke, auf die man sich jetzt festgelegt habe, ist der Kompromiss, der die Grundstückseigentümer am wenigsten stört, sagt Schießl.
Man kann nicht immer nur verbieten, man muss auch etwas anbieten.Stadtrat Richard Hiepp
„Der Spaßfaktor ist hoch, das Risiko gering“, umriss Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann die Pläne für den Trial. Über Wiesen und durch Waldstücke geht es auf vorhandenen Wegen, über Holzstege und Holzbrücken in Steilkurven „mit Achterbahngefühl“ den Mariaberg herunter. Der Startpunkt liegt beim Feuerwehrgebäude an der Mariaberger Straße. Das Gelände wird nicht eingezäunt, jeder kann die Strecke frei benutzen.
CSU-Stadtrat Richard Hiepp brachte die Stimmung im Stadtratsausschuss auf den Punkt: „Man kann nicht immer nur verbieten, man muss auch etwas anbieten. Unter diesem Gesichtspunkt ist die stolze Summe gut angelegt.“ Gebaut werden soll 2019, den Unterhalt übernehmen die Biker im Alpenverein.