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Tennis: Wie ein Allgäuer Profi-Trainer die Pandemie erlebt

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Tennis: Wie ein Allgäuer Profi-Trainer die Pandemie erlebt

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    Profi-Trainer Dieter Kindlmann verbringt wieder mehr Zeit im Allgäu.
    Profi-Trainer Dieter Kindlmann verbringt wieder mehr Zeit im Allgäu. Foto: Ralf Lienert

    „Viele merken gar nicht, wie gut wir es haben“, sagt Dieter Kindlmann. Der Profi-Tennis-Trainer aus Blaichach spielt damit auf die momentane Situation in seiner Branche an: „Gerade ist das durch Corona eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Ich konnte seit November arbeiten. Viele Kollegen haben weniger Glück. Die Hallen sind zu, ihnen geht es nicht gut. Sie haben keine Einnahmen und keine Planungssicherheit.“ Der 38-Jährige ist dankbar, gibt aber zu, dass ihm die besonderen Anforderungen „ein bisschen den Spaß nehmen. Das Arbeiten ist schwierig geworden.“

    Welche Einschränkungen es bei der Zusammenarbeit mit den Profis gibt

    Denn das Privileg, mit Profis arbeiten zu können, gehe mit Einschränkungen einher. Seit November betreut er die 20-jährige Schweizerin Leonie Küng (Rang 154 der Welt), die am Bodensee lebt. Mit ihr reiste er zuletzt nach Dubai und begleitete sie zu Turnieren in Frankreich. „Das ist Glück im Unglück. Einerseits bin ich froh, dass wir unserem Sport nachgehen können und es Wettkämpfe gibt. Aber andererseits ist das kein Leben.“ Außer Hotels und Trainingsplätzen bekamen Kindlmann und Küng zuletzt nicht viel zu Gesicht. Der Allgäuer erklärt, dass stets über sämtliche Aktivitäten und Uhrzeiten Buch geführt und nur auf dem Zimmer gegessen wird. Häufig werde Fieber gemessen, alles werde ständig dokumentiert. „Man muss zu jedem immer Abstand halten – die Angst, sich anzustecken, begleitet einen rund um die Uhr. Die Wettkämpfe finden ohne Zuschauer statt. Das Miteinander, Leute treffen, die Welt bereisen – vieles, was diesen Job für mich ausgezeichnet hat, ist plötzlich ganz anders“, sagt Kindlmann. Das Alltagsgeschäft sei derzeit eher trist und einsam: „Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel Zeit im Zimmer verbracht.“

    Warum die Vorteile des Turniers in Down Under enorm sind

    Dennoch hat der Oberallgäuer wenig Verständnis für Beschwerden der Profis, die sich derzeit in Melbourne auf die Australian Open vorbereiten. Das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres startet am Montag – die Teilnehmer mussten nach der Einreise zwei Wochen in Quarantäne. Laut Kindlmann, der in Oberstaufen wohnt, sind die Vorteile des Turniers in Down Under enorm: „Australien ist weitgehend coronafrei. Jetzt dürfen sich alle Spieler frei bewegen, haben dort ein normales Leben. Es sind sogar bis zu 30 000 Fans pro Tag in den Stadien dabei. Das wird ein Top-Event.“

    Der größte Pluspunkt: Die besten Spieler der Welt verlassen Australien in den kommenden Wochen nicht, sondern messen sich in weiteren Turnieren untereinander. Der Insider berichtet: „Die meisten bleiben länger dort, sammeln Spielpraxis und verdienen eine Menge Geld – in dieser Zeit hat es der Rest der Welt schwer.“ Vor diesem Hintergrund sei das Scheitern seines Schützlings Küng im Qualifikationsturnier in Dubai etwas ärgerlich, resümiert der Blaichacher. Ihr Glück: In Europa finden zeitgleich auch Wettkämpfe statt, wenngleich ohne die absoluten Topstars.

    Mehr Zeit fürs Privatleben

    „Wir müssen uns zur Zeit genau überlegen, wo wir hinfahren“, gibt Kindlmann Einblick in die Planungen. Bei jedem Turnier gelte es zu beachten, welche Bestimmungen in der Region gelten und wie ernst die Corona-Lage dort sei: „Müssen wir dort in Quarantäne? Können wir problemlos an- und abreisen? Und Fliegen ist gerade auch schwierig.“

    Kindlmann hat sich beruflich etwas verändert. Er erklärt: „Ich wollte endlich mehr Zeit zuhause verbringen, mein Privatleben kam zu kurz.“ Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit Küng sei daher gewesen, dass die ambitionierte Schweizerin zum Training ins Allgäu fahre. „Für mich ist das sehr schön – endlich mehr Zeit in meiner Heimat.“

    Statt im Jahr mehrmals zwei, drei Monate am Stück im Ausland zu verbringen, könne er so häufiger bei seiner Familie sein und abends „im eigenen Bett schlafen“. Kindlmann sieht Küng als Projekt: „Junge Spielerinnen haben viel Potenzial, aber auch Defizite. Ich will sehen, welche Fortschritte wir machen. Mich macht das glücklich. Ob ich langfristig damit zufrieden bin, wird die Zeit zeigen.“

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