Meist genügt schon ein Blick in die Augen. Dann weiß Carla Rietzler, wie es ihrem Nepomuk geht. "Ich finde es faszinierend, dass ich auch ohne Sprache mit ihm kommunizieren kann", sagt die Lehramtsstudentin auf dem elterlichen Pferdehof in Untermaiselstein (Gemeinde Rettenberg) im Oberallgäu.
So oft es geht, verbringt sie ihre Zeit mit Nepomuk, der ihr nicht nur wegen der sportlichen Erfolge ans Herz gewachsen ist. "Wir sind wie Freunde", sagt sie lächelnd. Die beiden gehen durch dick und dünn und sie stehen beide auf Action. Ruhig stehen ist nichts für Nepomuk. "Er hat viel Energie, will immer etwas lernen", sagt Carla Rietzler. Lachend fügt sie hinzu: "Naja, und manchmal ist er etwas rüpelig." Ein ganzer Kerl eben. Mit einem Stockmaß von 1,58 Meter und einem Gewicht von gut 450 Kilo ist Nepomuk eine imposante Erscheinung.

Gezüchtet und ausgebildet wurde er von ihrem Großvater Josef Rietzler. Genau wie Amoroso (15), ebenfalls ein Haflingerwallach, mit dem ihre ältere Schwester Esther (20) Erfolge feiert. Sie holte bei der EM der Fahrer in Ungarn Bronze.
Vergoldet wurde die Bilanz der Rietzler-Schwestern durch den Titelgewinn der deutschen Mannschaft mit Carla und Nepomuk. Die beiden hatten in der Vorbereitung die besseren Ergebnisse erzielt und waren deshalb ins Team berufen worden.
Die Fahrwettkämpfe mit historischen Kutschen bestehen aus Dressur, Geländefahren und Hindernisfahren. Vor allem in letzter Disziplin, bei der ein mit Kegeln gesteckter Parcours durchfahren wird, ist Nepomuk ein Champion. Das zeigt sich auch beim Besuch der allgaeu.life-Reporter, bei dem er von Anfang darauf drängt, sein Können zu zeigen. Endlich auf dem Parcours angekommen, stürmt er auch schon los - im Schlepptau die Kutsche samt Carla und ihrer jüngeren Schwester Hannah. "Bei den Turnieren legt er immer noch eine Schippe drauf. Er ist ein echter Wettkampftyp", sagt Carla.
Zur Belohnung stärkt sich Nepomuk am liebsten mit Äpfeln, Karotten, Leckerlis oder trockenem Brot. Und er genießt jede Streicheleinheit seiner Reiterin, die seine blonde Mähne zu Zöpfen flicht und sein fuchsfarbenes Fell liebevoll striegelt. Die klare Allgäuer Luft tut ihr übriges.
"Wir achten darauf, dass die Pferde viel Bewegung bekommen", sagt Carlas Vater Herbert Rietzler. Der Pferdewirtschaftsmeister und Spitzenfahrer sieht durchaus Parallelen zwischen Mensch und Haflinger: "Man kann zwar ohne Sport alt werden. Aber die Lebensqualität ist deutlich höher, wenn man fit ist und bleibt." Nepomuk hat so gesehen also gute Karten auf viele schöne weitere Jahre. Die Lebenserwartung von Haflingern liegt zwischen 25 und 30 Jahren.